Und nochmal Daschner

Hier wird das Problem des zunehmend mangelhaften Schutzes der Bürger vor Gewalttaten und dessen verfassungsrechtliche Relevanz erörtert. (Artikel 1 Abs. 1 Satz 2 GG)

Und nochmal Daschner

Beitragvon AlexRE » Di 8. Sep 2009, 20:02

Heute habe ich mir Wikipedia zum Thema "Ehrenmord" angesehen und bin da auf diesen Link gestoßen:



Der Autor und HP - Betreiber befasst sich unter diesem Link auch zunächst mit dem erwarteten Thema:

http://www.ulrich.perwass.de/Kommentare ... r_Tuer.htm

Auf der selben HP besitzt er dann aber die Chuzpe, den heutigen Umgang in Deutschland und Europa mit dem Begriff "Menschenwürde" mit dem orientalischen Ehrbegriff zu vergleichen. Den Schutz der Menschenwürde des damaligen Tatverdächtigen Gäfgen um den Preis der Aufgabe des Lebens des Kindes (m. M. n. = staatliche Tötung durch Unterlassen) bezeichnet er als "Würdemord".

Das hat mich veranlasst, noch einmal neu über diesen Fall nachzudenken. Kann das wirklich richtig sein, von einem Menschen die Aufopferung seines Lebens zu verlangen bzw. direkt staatlich darüber zu verfügen, um die Menschwürde eines Dritten zu schützen? Oder wird überhaupt erst durch diese Verfügungsanmaßung des Staates gegen das Leben des Opfers bzw. Adressaten einer verbrecherischen Aggression mit dem Ziel des Schutzes der tatsächlich oder auch nur vermeintlich bedrohten Menschenwürde des Aggressors die eigentliche Menschenrechtsverletzung gegen den Entführten und seine Angehörigen begangen und ihre Menschenwürde völlig übersehen und durch aktives staatliches Handeln (Wahrnehmung der Fürsorgepflicht gegenüber dem inhaftierten Aggressor während der Begehung des Mordes durch Unterlassen) verletzt?

Ich habe fast den Eindruck, dass das so ist. In dem Zusammenhang hier der letzte Artikel der Menschenrechtserklärung zur UNO - Charta:

Artikel 30:
Keine Bestimmung der vorliegenden Erklärung darf so ausgelegt werden, daß sich daraus für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person irgendein Recht ergibt, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung zu setzen, welche auf die Vernichtung der in dieser Erklärung angeführten Rechte und Freiheiten abzielen.


http://www.bankkaufmann.com/c-145-Mensc ... -1-30.html

Die Autoren kannten anscheinend ihre §§ - Pappenheimer und wollten mit der abschliessenden Vorschrift verhindern, dass aus den Normen der Menschenrechtserklärung von einem bestimmten Juristen - Typus Waffen gegen die Schutzbereiche eben jener Normen geschmiedet werden.

Mir scheint, die üblichen Verdächtigen, die der Artikel 30 MRK ansprechen sollte, haben sich nicht angesprochen gefühlt. Jedenfalls nicht in Deutschland und Europa.
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Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Und nochmal Daschner

Beitragvon PeterS » Mi 9. Sep 2009, 06:32

Wie in diesem Fall, so wie auch in vielen anderen alltäglichen Dingen des Lebens empfehle ich zwingend die Einschaltung des eigenen Hirns zum Nachdenken, sprich den sogenannten gesunden Menschenverstand, verbunden mit der Ausschaltung der gesammelten juristischen Werke, die in der Regel kurz nach Ausschalten des Hirns des Juristen bzw. Ausschalten des gesunden Menschenverstandes entstanden sein müssen.

Im Fall Daschner wurde ein Kind entführt, das eingesperrt, womöglich körperlich versehrt, voller Angst auf seinen Peiniger wartet und der zuständige Polizist hat das einzig RICHTIGE gemacht, er hat sein Hirn eingeschaltet, um dem Täter ein bißchen Angst zu machen. Nachdem der arme, arme Täter also ein bißchen Angst bekommen hatte, konnte der Tatort gefunden werden, leider nur mit dem toten Opfer.

In diesem Fall bekamen die verurteilten Polizisten von mir stehende Ovationen, die vergleichbar sind mit den Ovationen, die ein ehemaliger deutscher Schauspieler namens Heinz Rühmann bei seinem Auftritt bei "Wetten, daß..." erhalten hatte.

Ich empfehle - und seid froh, daß ich nix zu melden habe - die verurteilenden Richter ähnlich wie das kindliche Opfer einzusperren, zu foltern und mindestens mit dem Tode zu bedrohen, gegebenenfalls die vom Polizisten angedeuteten schwarzhäutigen sexuell einseitig ausgerichteten Menschen beizufügen, und zu warten, wie das Urteil nach einer solchen Erfahrung ausfallen würde.

Ob die Damen und Herren Richter dann immer noch die Würde des Täters in den Vordergrund drängen oder tatsächlich den Schutz des Opfers bevorzugen, bleibt abzuwarten, es wäre von der Chuzpe der Richter abhängig und wieviel sie an körperlichen und seelischen Leid ertragen können.
Wehrt Euch, wenn nicht jetzt, wann dann?
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Re: Und nochmal Daschner

Beitragvon AlexRE » Mi 9. Sep 2009, 11:46

@Peter

Ich kann Deine Wut auf die Justiz verstehen, die wird auch von vielen Menschen geteilt. Es gibt allerdings Aspekte bei dieser tragischen Rechtsproblematik, die das Ganze sehr kompliziert machen. Ich habe diesen thread auf mehreren öffentlichen Foren angelegt, auf politikforen.net hat sich eine längere Diskussion entwickelt, da wird das alles angesprochen. Nachfolgend kopiere ich zwei Beiträge von dort hier herüber:
_____________________________________________________________

http://www.politikforen.net/showthread.php?t=82738&page=2

Gehirnnutzer;3104211 hat geschrieben:Veritas2009, deine Argumente sind zwar interessant, jedoch beinhalten sie einen entscheidenen Fehler, der auch in früheren Diskussionen gemacht wurde, die den Fall Gäfgen heranziehen.
Du argumentierst auf Basis eines abgeschlossenen Falles, dessen einzelne Aspekte und Faktoren bekannt sind.

Bei Gäfgen wusste man ja das er Täter bzw. tatbeteiligt war.

Was ist aber wenn man dies nicht klar weiß und man nur einen Verdächtigen hat?

Was ist wenn sich herausstellt, das dieser Verdächtige unschuldig ist?

Was ist mit den Rechten und der Menschenwürde dieses Unschuldigen?

Sind die Rechte und die Menschenwürde eines Unschuldigen nichts mehr wert, wenn es um das Leben, die Rechte und die Menschenwürde eines unschuldigen Opfers geht?

Was ist, wenn du der unschuldige Verdächtige bist?

Das sind alles Aspekte, die du bei deinen Überlegungen berücksichtigen muss und die man schnell vergisst, wenn man die Aspekte und Faktoren eines konkreten Falles seiner Argumentation zu Grunde legt.


Ich hatte zu Anfang schon auf einen Einwand von Konz hin geschrieben, dass ein Richter feststellen müsste, dass die Gewaltandrohung oder - anwendung zur Rettung des Kindes notwendig ist und es nicht um eine Aussage für die Ermittlungen - d. h. für den Strafprozess - geht.

Konsequenterweise müsste dann auch noch klargestellt werden, dass eine solche Aussage auf keinen Fall im Prozess verwertet werden darf, um die Missbrauchsgefahr gegen 0 zu drücken.

Heute verlangt die deutsche Rechtsprechung offiziell Untätigkeit in der Notsituation, verwertet aber die "Folgebeweise" einer rechtswidrig erlangten Aussage - was z. B. die amerikanische Rechtsprechung als "Früchte des vergifteten Baumes" total ausschliesst. Wieder eine typisch deutsche Widersprüchlichteit auf höchster staatlicher Ebene, das fügt sich alles in das Gesamtbild einer dekadenten Rechtskultur ein.
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Re: Und nochmal Daschner

Beitragvon AlexRE » Mi 9. Sep 2009, 11:47

http://www.politikforen.net/showthread.php?t=82738&page=3

maxikatze;3104672 hat geschrieben:Die Würde des Opfers müsste in so einem Fall höher gestellt werden. In diesem Zusammenhang finde ich eine sogenannte *Rettungsfolter* vollkommen gerechtfertigt.


Wenn wirklich klar ist, dass man es nicht mit einem völlig Unbeteiligten zu tun hat (im Ermittlungsverfahren gilt die Unschuldsvermutung), es bräuchte also schon eine Vorab - Feststellung eines Gerichts, dass der U - Häftling etwas weiss, das er zur Rettung des Kindes preiszugeben verpflichtet ist. Das erfordert wiederum, dass diese Aussage auf keinen Fall mehr vor Gericht gegen ihn verwendet werden darf, auch nicht die Folgebeweise (durch die Aussage gefundene neue Beweise). Wenn das alles gewährleistet ist, liegt überhaupt keine Folter im eigentlichen Sinne mehr vor, sondern nur noch die Androhung oder Anwendung einfacher körperlicher Gewalt als verhältnismäßiges Mittel zur Nothilfe.
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Re: Und nochmal Daschner

Beitragvon DJ_rainbow » Mi 9. Sep 2009, 12:00

Es wird sich an dieser absurden Gutmenschen-Ideologie der Täterversteher und Opferverhöhner erst dann etwas ändern, wenn unsere Elfenbeinturm-Rechtsverdreher selbst mal Angehörige eine Opfers sein werden.
In der Demokratie mästen sich Sozialisten in Parlamenten. Im Sozialismus hungern Demokraten in Zuchthäusern und Arbeitslagern.

Modi bei http://www.radio-xtream.de

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Re: Und nochmal Daschner

Beitragvon PeterS » Mi 9. Sep 2009, 12:06

Die Unschuldsvermutung ist ja völlig korrekt.
Im Fall Daschner hatte der Täter aber bereits zugegeben, daß er der Entführer ist, also konnte in diesem speziellen Fall die Unschuldsvermutung ausgeschlossen werden.

Deswegen, und wirklich nur deswegen hatte der Polizist in meinen Augen nicht nur das Recht, sondern die Pflicht das Leben des Kindes mit allen Mitteln zu retten. Mit allen Mitteln.
Wehrt Euch, wenn nicht jetzt, wann dann?
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Re: Und nochmal Daschner

Beitragvon AlexRE » Mi 9. Sep 2009, 12:13

DJ_rainbow hat geschrieben:Es wird sich an dieser absurden Gutmenschen-Ideologie der Täterversteher und Opferverhöhner erst dann etwas ändern, wenn unsere Elfenbeinturm-Rechtsverdreher selbst mal Angehörige eine Opfers sein werden.


Grundsätzlich bestehen diese Risiken ja jetzt schon auch für die Verantwortlichen in Politik und Justiz, jedenfalls wenn sie ihre eigenen Kinder nicht gerade aus den Innenstädten und von Partys etc. fernhalten wollen.
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Re: Und nochmal Daschner

Beitragvon AlexRE » Mi 9. Sep 2009, 12:17

PeterS hat geschrieben:Die Unschuldsvermutung ist ja völlig korrekt.
Im Fall Daschner hatte der Täter aber bereits zugegeben, daß er der Entführer ist, also konnte in diesem speziellen Fall die Unschuldsvermutung ausgeschlossen werden.

Deswegen, und wirklich nur deswegen hatte der Polizist in meinen Augen nicht nur das Recht, sondern die Pflicht das Leben des Kindes mit allen Mitteln zu retten. Mit allen Mitteln.


Ganz so einfach ist es nicht. Es hat schon oft falsche Geständnisse gegeben. Ausserdem saßen zu dem Zeitpunkt, als die Gewaltanwendung angedroht wurde, zwei Leute (ein Brüderpaar) unschuldig in U - Haft, weil Gäfgen sie beschuldigt hatte, die Haupttäter zu sein, die allein wüssten, wo das Kind sei.

Es bestand also das Risiko, eine Information mit Gewalt von jemanden erlangen zu wollen, der gar nicht über sie verfügt. Die Abwägung solcher Risiken kann m. M. n. nur ein Gericht vornehmen, deshalb habe ich oben von "Bereitschaftsdiensten" der Justiz für solche Notfälle geschrieben.
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Re: Und nochmal Daschner

Beitragvon AlexRE » Mi 9. Sep 2009, 12:46

http://www.politikforen.net/showthread. ... ost3104767

Gehirnnutzer;3104779 hat geschrieben:Aber zurück zum eigentlichen Thema, dein Verweis auf einen Richter zeigt auf, das du den von mir erwähnten Problematiken ausweichen willst.
Du sagst die einfach, warum sich darüber Gedanken machen, wenn ein Richter darüber entscheidet, dann ist es einfach ebenso.

Ich wiederhole mich, du machst den Fehler alles anhand eines Falles mit klaren Konstellationen aufzubauen. Das dumme ist nur, das zu dem Zeitpunkt an dem dein Richter seine Entscheidung treffen muss, in den seltesten Fällen klare Konstellationen herrschen, so etwas stellt sich meist erst nach Abschluß der Ermittlungen raus.


Ich weiche nicht aus, ich habe das Problem der Unschuldsvermutung selbst zuerst erwähnt.

Deshalb muss ein Gericht Vorabfeststellungen treffen, die unabhängig von der Frage des Gesamtergebnisses des Verfahrens zum Zeitpunkt des Notstandes schon unanfechtbar klären, dass der Gefangene etwas weiss, was er zur Rettung des Kindes preiszugeben verpflichtet ist. Dabei ist es dann unerheblich, ob es sich wirklich um den Täter oder nur um einen Mitwisser handelt, die Rechtspflicht, zur Rettung des Kindes beizutragen, obliegt auch Unbeteiligten. Das zu erzwingen, ist beim besten Willen keine Folter. Es ist wie in einer typischen Notwehrsituation: Der Aggressor hat die eigentliche Herrschaft über den gesamten Geschehensablauf, wenn er seiner Rechtspflicht nachkommt, die Aggression einzustellen, darf niemand mehr legal weitere Gewalt anwenden, ohne das Notwehrrecht zu überschreiten und selbst kriminell zu werden.

Eine Verletzung der Menschenwürde des Betroffenen und der Begriff "Folter" erfordern aber, dass über diesen Menschen verfügt wird. Das ist in einer Situation, die der Aggressor auch hinsichtlich der Gegengewalt beherrschen kann, in keiner Weise gegeben.
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Re: Und nochmal Daschner

Beitragvon PeterS » Mi 9. Sep 2009, 14:35

Die Abwägung solcher Risiken kann m. M. n. nur ein Gericht vornehmen, deshalb habe ich oben von "Bereitschaftsdiensten" der Justiz für solche Notfälle geschrieben.


Du weißt so wie ich, daß das ein absolutes Wunschdenken ist. Einerseits die Justiz im Bereitschaftsdienst (Sonntags, feiertags und auch noch nachts) andererseits dann auch noch ein Richter, der sofort entscheidet, hm, das nenn ich Zukunftsmusik im WünschDirwasLand.

Nochmal, der Täter hatte zugegeben, daß er selber der Entführer ist. Unabhängig ob er einen weiteren beschuldigt, so hat er sich selbst beschuldigt und damit zur Zielscheibe zur "Intensivbefragung" gemacht. Für mich liegt da Gefahr im Verzug, was sofortiges Handeln notwendig macht.

Das aufgrund einer Aussage eines Verdächtigen andere "intensiv" befragt werde, halte ich genauso wie Du für absurd.
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