SS-Mann Gröning schuldig gesprochen

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SS-Mann Gröning schuldig gesprochen

Beitragvon AlexRE » Mi 15. Jul 2015, 20:10

Vom schlauen Forum hierher kopiert:

staber hat geschrieben:Schuldig der Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen, vier Jahre Haft - so lautet das Urteil im Auschwitz-Prozess gegen den früheren SS-Mann Gröning. Damit ging das Lüneburger Gericht noch über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus. Ob der 94-Jährige tatsächlich ins Gefängnis kommt, ist aber fraglich.
http://www.tagesschau.de/inland/groenin ... l-103.html

Das Urteil spiegelt einmal mehr typisches Gutmenschentum wieder. Einen 94 jährigen zu 4 Jahren Knast zu verdonnern, der zugegeben hat was er getan und es schon lange bereut hat. Wäre er damals seiner Obrigkeit ungehorsam gewesen, hätte man ihn erschossen. Heute hat ihn für seinen damaligen Gehorsam dafür das harte Urteil der Gutmenschen ereilt. Wie absurd.


Jetzt muss man natürlich nach noch lebenden Reichsbahn - Mitarbeitern suchen, die weitaus eindeutiger Beihilfe geleistet haben als ein Buchhalter in Auschwitz. Eine genauere Betrachtung sämtlicher Justizangehörigen der NS - Zeit, die von den Verbrechen wussten und keine Verfahren eingeleitet haben, wäre vielleicht jetzt auch langsam mal angezeigt ...
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: SS-Mann Gröning schuldig gesprochen

Beitragvon AlexRE » Mi 15. Jul 2015, 20:47

Übrigens passt das auf fast alle SS - Angehörige und sehr viele Wehrmachtsangehörige:

Islamistischer Terror: Syrien-Rückkehrer zu elf Jahren Haft verurteilt

(...)

Er war der erste Syrien-Rückkehrer, der wegen Mordes vor einem deutschen Gericht sich verantworten musste. Jetzt hat das Oberlandesgericht München das Urteil gegen den 27-jährigen Münchner verkündet. Harun P. muss wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, versuchten Mordes und Beihilfe zum versuchten Mord elf Jahre ins Gefängnis.

(...)


http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 43854.html
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Re: SS-Mann Gröning schuldig gesprochen

Beitragvon AlexRE » Sa 18. Jul 2015, 06:05

Heute auf politik-forum.eu geschrieben:

zollagent » Fr 17. Jul 2015, 11:46 hat geschrieben:
GG146 » Fr 17. Jul 2015, 00:14 hat geschrieben:Ich möchte hier kein Seminar zum Thema Beihilfe abhalten, aber ich erinnere daran, dass Urteile gelegentlich auch rechtsfehlerhaft sein können und dass das hier diskutierte Urteil noch nicht rechtskräftig ist.

Beihilfe ist normalerweise die Unterstützung der eigentlichen Tat und nicht die Verwaltung oder Verwertung der Beute. Ein Hehler kann kein Tatbeteiligter sein.

Wenn jemand bei der "Ungarnaktion" in Auschwitz wirklich Beihilfe geleistet hat, dann die Mitarbeiter der Reichsbahn, ohne die der Massenmord nicht hätte stattfinden können. Ein Verfahren gegen Lokführer zu verlangen. liegt aber wohl jenseits des Horizont heutiger selbsternannter "Jäger brauner Bestien" (mit der Gnade der späten Geburt).

Die Pseudojuristen haben hier offensichtlich Hochkonjunktur. Ob sie es besser wissen als die Berufsjuristen, wage ich mal zu bezweifeln.


Du hast überall Hochkonjunktur, wo es was zu pöbeln gibt. Aber lassen wir Dich und die anderen Pseudojuristen mal beiseite, hier ist ein Artikel eines (Juristen-) Kollegen von mir, der die gleichen Bedenken hat wie ich und das sehr übersichtlich darstellt:

(...)

Wie sieht es mit dem Vorsatz des Angeklagten aus? Wollte er tatsächlich beim Morden helfen? Und wie mit dem Bewusstsein, eine Straftat zu begehen? Konnte er überhaupt davon ausgehen, dass seine buchhalterische Tätigkeit eine strafbare Beihilfe ist, wenn selbst die bundesdeutsche Justiz noch Jahrzehnte lang in derartigen Fällen, die nicht unmittelbar mit dem Töten von Menschen zusammenhingen, davon ausging, dass das nicht strafbar sei? Wie hätte er das vorher wissen können? Nulla poena sine lege müsste auch da gelten. Das Gesetz muss so klar und bestimmt sein, dass jeder potenzielle Täter weiß, ob er sich bei einer bestimmten Handlung strafbar macht. Konnte Gröning wissen, dass die Rechtsprechung den Beihilfeparagrafen 70 Jahre später anders auslegt als alle Zeiten zuvor? Wohl kaum.

Ist es in Ordnung, wenn ein Verfahren nicht nur dazu dient, dem Angeklagten eine persönliche, strafrechtliche Schuld nachzuweisen, sondern auch dazu, nach ewigen Zeiten der justiziellen Untätigkeit endlich einmal das Unrecht des nationalsozialistischen Mordens gerichtlich festzustellen? Ist das Verfahren ein spätes, vielleicht zu spätes Exempel?

(...)

http://www.theeuropean.de/heinrich-schm ... r-groening

Damit:

Nulla poena sine lege müsste auch da gelten.


... spricht er dieses Rechtsprinzip an:


Artikel 103

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.


http://dejure.org/gesetze/GG/103.html

Das ist rechtssystematisch untrennbar mit dem Rechtsstaatsprinzip / Art. 20 Abs. 3 GG verbunden und damit durch keine Mehrheit im Bundestag und Bundesrat abänderbar, also sog. "ewiges" Verfassungsrecht.

Absolut nichts kann rechtfertigen, damit Schindluder zu treiben - auch nicht die späte Vergeltung an einem einst höchst amoralisch handelnden Menschen und an der ebenfalls amoralischen deutschen Nachkriegsjustiz. "Nulla poene sine lege" gehört neben allen Menschenrechten zu den Prinzipien, die die Nazirichter wie nie jemand vor und nach ihnen mit Füßen getreten haben. Wer aus der Geschichte lernen will, sollte die Finger von den Methoden dieser Verbrecher lassen.
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Re: SS-Mann Gröning schuldig gesprochen

Beitragvon AlexRE » Mo 20. Jul 2015, 17:52

Die Verteidigung legt auch Revision ein, allerdings scheinbar nur wegen mangelhafter Berücksichtigung von Strafmilderungsgründen:

(...)

Nach Auffassung der Verteidigung könnte ihr 94-jähriger Mandant doch noch davon profitieren, dass er in früheren Verfahren gegen andere SS-Leute als Zeuge ausgesagt hat, sagte Rechtsanwalt Hans Holtermann. Strafmildernd könnte nach Ansicht der Anwälte auch die Verfahrensverzögerung von über 30 Jahren sein. "Das ist das, was wir nach derzeitigem Stand genau prüfen werden", sagte Holtermann.

(...)


https://www.ndr.de/nachrichten/niedersa ... tz470.html

Das würde ich vielleicht auch so machen, selbst wenn ich grundsätzliche Bedenken wegen der Ausweitung des Beihilfe - Begriffes in einem Einzelfall hätte. Hier kommt es darauf an, dem Mandanten einen Gefängnisaufenthalt zu ersparen. Die Chancen sind wahrscheinlich besser, wenn man dem BGH die Unannehmlichkeit erspart, die Beihilfe - Frage anhand dieses Falles grundsätzlich neu zu klären.
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Re: SS-Mann Gröning schuldig gesprochen

Beitragvon Livia » Sa 25. Jul 2015, 08:12

Halali auf die Nazi-Greise

Siebzig Jahre nach Kriegsende rechnet die deutsche Justiz gnadenlos ab mit den letzten noch lebenden NS-Mitläufern. Die späte Vergeltung steht rechtlich auf tönernen Füssen und strotzt vor ­Selbstgefälligkeit. Doch kaum einer wagt den Einspruch – wie schon damals vor siebzig Jahren.
Von Alex Baur

Öffnung der Pandorabüchse

Die kollektive Kritiklosigkeit erstaunt insofern, als das Verdikt an den fundamentalen Prinzipien des Strafrechts rüttelt. Gewiss, diese Prinzipien interessieren die meisten Menschen erst, wenn sie sich selber in den Fängen des Rechtsstaates befinden. Doch seit der Aufklärung gilt auch in Deutschland: Es gibt ­keine Kollektivschuld, keine rückwirkenden Gesetze und keine Strafe ohne Gesetz. Man müsste sich also fragen, was der Buchhalter ganz konkret zum Massenmord beigetragen hat. Hätte er auch nur ein Leben gerettet, wenn er sich dem damals gültigen Gesetz verweigert hätte? Hatte er als kleiner Untergebener überhaupt die Möglichkeit dazu? Was ­wäre passiert, wenn er sich quergestellt hätte?

Dass Gröning bereits im zarten Alter von zwölf Jahren beim «Stahlhelm» mitlief und sich als 19-Jähriger bei der Waffen-SS gemeldet hatte, war Beweis genug für seine verwerfliche Gesinnung. Für seine SS-Mitgliedschaft wurde er zwar bereits 1945 mit drei Jahren Zwangs­arbeit bestraft – und für die gleiche Tat kann man in einem Rechtsstaat bekanntlich nicht zweimal verurteilt werden. Überhaupt: Warum wartete man siebzig Jahre zu mit dem Urteil, obwohl Grönings Funktion in Auschwitz seit Jahrzehnten in allen Details bekannt und belegt ist? Doch eben, von solchen störenden ­Fragen liess man sich in Lüneburg nicht aufhalten. Schliesslich galt es, ein Zeichen zu setzen.

Die Süddeutsche Zeitung irrt, wenn sie Gröning als «letzten Angeklagten von Auschwitz» betitelt. Zurzeit laufen in der Bundesrepublik eine ganze Reihe Verfahren gegen untergeordnete Mitläufer des Naziregimes. Das Bedürfnis nach Vergeltung und Schuldbekenntnissen scheint ungebrochen. Wer sich noch die Stiefel an einem Altnazi abtreten will, muss sich beeilen. Die Greise sterben weg.


viewtopic.php?f=74&t=2431&p=73284#p73284
Viele Leute würden bereitwillig zugeben, dass sie sich langweilen; aber kaum einer würde zugeben, dass er langweilig ist.

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Re: SS-Mann Gröning schuldig gesprochen

Beitragvon AlexRE » Mo 28. Nov 2016, 19:37

Der BGH hat die Revision im Fall Gröning verworfen:

BGH zu NS-Mann Oskar Gröning

Bei­hilfe zum Mord in min­des­tens 300.000 Fällen

(...)

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Urteil des Landgerichts (LG) Lüneburg gegen den früheren SS-Mann Oskar Gröning bestätigt. Er habe sich wegen Beihilfe zum Mord in Hunderttausenden Fällen strafbar gemacht (Beschl. v. 20.09.2016, Az. 3 StR 49/16). Der 3. Strafsenat habe die auf die Beanstandung der Verletzung sachlichen Rechts und mehrere Verfahrensrügen gestützte Revision des Angeklagten ebenso verworfen wie die Revisionen mehrerer Nebenkläger, die mit ihren Rechtsmitteln eine Verurteilung des Angeklagten als Mittäter angestrebt hatten, teilte das Gericht mit.

(...)


http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/b ... -revision/

Siehe auch:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... =0&anz=213

Ich für meinen Teil kann da nur wiederholen, was ich oben bereits zum Urteil des Landgerichts geschrieben hatte:

http://dejure.org/gesetze/GG/103.html

Das ist rechtssystematisch untrennbar mit dem Rechtsstaatsprinzip / Art. 20 Abs. 3 GG verbunden und damit durch keine Mehrheit im Bundestag und Bundesrat abänderbar, also sog. "ewiges" Verfassungsrecht.

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Re: SS-Mann Gröning schuldig gesprochen

Beitragvon Staber » Mo 28. Nov 2016, 23:23

@ Livia
Zurzeit laufen in der Bundesrepublik eine ganze Reihe Verfahren gegen untergeordnete Mitläufer des Naziregimes


Moin Livia!
Warum erst jetzt? Wahrscheinlich ,weil es kaum noch Überlebende Täter gibt, bzw. Täter in "hohen Positionen". Solche Urteile wären auch in der Vergangenheit möglich gewesen. Jetzt hat es nur noch fälschlichen Symbolcharakter mehr nicht.Die Verurteilung ist dahingehend zu kritisieren, dass diese erst 71 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz erfolgt ist. Man hat erst mal 50 Jahre pausiert weil sich Deutschland nicht der eigenen Geschichte und Verbrechen stellen wollte und im Ergebnis die Täter lieber frei hat herumlaufen lassen.
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Re: SS-Mann Gröning schuldig gesprochen

Beitragvon Staber » Di 29. Nov 2016, 10:04

Nachtrag!
Da ich kein Jurist bin, kann ich das nicht bewerten, allerdings hat man hier für die Zukunft sicherlich Präzedenzfälle geschaffen. Das Thema wird sich zu Glück bald erledigt haben, denn ganz offensichtlich haben wir dringende aktuelle Probleme. Hierzulande existieren rechtsfreie Räume (Görlitzer Park, Kotti, Köln Silvester), da wäre die Strenge des Gesetzes ebenso angebracht. Solange hier nicht adäquat geurteilt wird, hat es den Anschein einer politischen Justiz.
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Re: SS-Mann Gröning schuldig gesprochen

Beitragvon AlexRE » Di 29. Nov 2016, 12:56

Der Anschein besteht in der Tat. Die Strafbarkeit der bloßen Mitgliedschaft in einer Verbrecherorganisation wurde erst in den 70er Jahren zur Zeit des RAF - Terrors eingeführt und ist deshalb auf ältere Fälle nicht anwendbar. Wenn diese "Lücke" geschlossen wird, indem man die Grenzen der Beihilfe uferlos ausweitet, ist das wohl nur politisch zu verstehen.
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Re: SS-Mann Gröning schuldig gesprochen

Beitragvon AlexRE » Mi 2. Aug 2017, 18:06

Auf Facebook gesehen und kommentiert:

Antrag auf Strafaufschub abgelehnt

Ehe­ma­liger SS-Mann Grö­ning soll ins Gefängnis

(...)

Die Staatsanwaltschaft Hannover hält den früheren SS-Mann Oskar Gröning für haftfähig. "Den Antrag der Verteidigung auf Strafaufschub haben wir abgelehnt", sagte Sprecherin Kathrin Söfker zu entsprechenden Medienberichten am Mittwoch.

(...)


http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/o ... aehig-sta/

>> Er war einer der ersten Handlanger der Nazis, die ohne Nachweis über die Beteiligung an einzelnen Taten wegen Beihilfe zum Mord verurteilt wurden. <<

Nein, er war der allererste Mensch in der Geschichte aller Rechtsstaaten weltweit, der ohne Nachweis über die 'Beteiligung an einzelnen Taten wegen Beihilfe zum Mord verurteilt wurde.

Für so eine Premiere braucht es schon einen ganz speziellen Rechtsstaat mit ganz speziellen Richtern.

Dass Herrn Grönings ehemalige Staatsverbrecher - Kumpane ihrerseits auch - und nicht zuletzt - durch richterliche Republikfeinde an die Macht gekommen waren, macht die ganze Gemengelage nicht weniger kompliziert.
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