Türkei

Ein Unterforum für rechtsvergleichende Themen

Re: Türkei

Beitragvon Staber » Do 2. Jun 2016, 14:46

Mein persönliches Anliegen , der Gerechtigkeit wegen ,da wir ja jetzt die Geschichte im Bundestag besprechen:
Ich appelliere an den Bundestag, den Herero Genozid als Völkermord anzuerkennen und dementsprechend eine äquivalente Resolution zu verabschieden.Und was ist mit dem Unrecht der SED? Und mit dem gestohlenen Volksvermögen? Wird daran auch mal gearbeitet? Übernehmen Sie, Herr Gysi?


Zum Thema Resolution!

"Wenn ich den Bundestag verlasse, werde ich nicht verhaftet werden. Ich werde nicht zusammengeschlagen [...]"Zitat Özdemir
:roll: :roll:

Tja,so viel Zuversicht und Vertrauen auf die Menschheit kann auch nur ein Grüner haben :lol: . Auch wenn ich es nur richtig und längst überfällig finde, dass der Völkermord endlich als Völkermord bezeichnet wird, erscheint es mir, als ob manche Politiker/Innen die Entwicklungen um sie herum nicht wahrnehmen wollen. Es hatte seine Gründe, warum es bis heute gedauert hat, dass man sich in dieser Hinsicht zu dem Verbrechen bekennt und einer davon ist der tiefsitzende Nationalismus vieler Deutsch-Türk/Innen bis in die nunmehr dritte Generation. Erst gestern habe ich zwei vielleicht 14-, 15-jährige Jungen gesehen, offenbar von einer Demo kommend. Beide trugen Türkei-Flaggen mit sich, waren in T-Shirts mit Türkei-Flaggen gekleidet und bei einem der Jungen war sogar noch ein grauer Wolf unter dem weißen Halbmond...
Ich hoffe, dass Herr Ö. sich nicht irrt. Alles andere wäre ein sehr, sehr trauriges Zeugnis für unsere Gesellschaft ( obwohl es jetzt schon so scheint)und ein großer Rückschlag aller bisherigen Integrationsbemühungen auf beiden Seiten.

Zum Schluss sei noch angemerkt:
- Angela Merkel
- Sigmar Gabriel
- Walter Steinmeier
- Frau Özoguz ( Sie war ja gegen die Resolution, wollte aber dafür stimmen.)
Ver*issen hat noch nie geholfen.

gruß staber
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Re: Türkei

Beitragvon maxikatze » Do 2. Jun 2016, 15:03

Hallo Staber :)
Ich glaube, dass es kaum ein anderes Volk gibt, was schonungsloser die eigene Vergangenheit aufarbeitet, wie die Deutschen. Der Verbleib der SED-Millionen ist, soweit ich weiß, ebenfalls geklärt. Auch das Unrecht, was in der DDR geschah, wurde und wird immer noch "aufgearbeitet". Nicht umsonst gibt es die Stasi-Unterlagenbehörde. Ich will das jetzt nicht weiter vertiefen, aber hat unser Parlament nicht das Recht, den Mord an den Armeniern als das zu benennen, was es ist? Nämlich Völkermord? Sollte sich Gregor Gysi etwa auch noch feige der Stimme enthalten, wie es unsere Spitzenpolitiker heute getan haben, indem sie sich hinter anderen Terminen rechtzeitig versteckt haben?
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Re: Türkei

Beitragvon AlexRE » Do 2. Jun 2016, 15:09

maxikatze hat geschrieben:Ja, mich freut es auch, dass die Parlamentarier mehrheitlich in der Armenien-Völkermordfrage nicht eingeknickt sind.
Sieht aber nicht jeder so. Salonbolschewist Augstein denkt darüber anders:

Aus Facebook:
Zur Armenien-Resolution des Bundestages.

Ist es wirklich Sache eines deutschen Parlaments, einem anderen Land Völkermord vorzuwerfen?

Und erzeugt diese Passage nur bei mir ein sonderbares Gefühl?


Der ändert mal wieder den Text ab, damit er ihn kritisieren kann. Der Bundestag hat keinem "Land" einen Völkermord vorgeworfen, sondern der schuldigen jungtürkischen Bewegung. Mit Augsteins "Logik" könnte man jeden antifaschistischen Text mit Bezug auf ein bestimmtes Land als anti ... soundso bezeichnen.
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Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Türkei

Beitragvon AlexRE » Do 2. Jun 2016, 16:05

Ein nerviger Begleiter ...

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Re: Türkei

Beitragvon Staber » Do 2. Jun 2016, 18:28

maxikatze hat geschrieben:Hallo Staber :)
Ich glaube, dass es kaum ein anderes Volk gibt, was schonungsloser die eigene Vergangenheit aufarbeitet, wie die Deutschen. Der Verbleib der SED-Millionen ist, soweit ich weiß, ebenfalls geklärt. Auch das Unrecht, was in der DDR geschah, wurde und wird immer noch "aufgearbeitet". Nicht umsonst gibt es die Stasi-Unterlagenbehörde. Ich will das jetzt nicht weiter vertiefen, aber hat unser Parlament nicht das Recht, den Mord an den Armeniern als das zu benennen, was es ist? Nämlich Völkermord? Sollte sich Gregor Gysi etwa auch noch feige der Stimme enthalten, wie es unsere Spitzenpolitiker heute getan haben, indem sie sich hinter anderen Terminen rechtzeitig versteckt haben?


Moin Maxi!
den Herero Genozid als Völkermord anzuerkennen und dementsprechend eine äquivalente Resolution zu verabschieden


...wie ist es denn mit diesem Thema( ist gar nicht angesprochen ) mal klar Schiff zu machen und sich nicht um ungelegte Eier kümmern. :?:
Außerdem liebe Maxi, ich habe nichts gegen Aufklärung. Warum nochmal war es so furchtbar wichtig, dass der deutsche Bundestag die Verbrechen, die ein anderer Staat vor langer Zeit begangen hat, in einer Resolution jetzt als Völkermord bezeichnet? Wird das ein neuer Auftrag für das Parlament: Bewertung und historische Einordnung von Greueltaten aller Art und aller Zeiten weltweit? Da werden uns noch einige Resolutionen bevorstehen.Vor allen Dingen ,die wir gemacht haben. Ja sicher, die Opfer und deren Nachfahren müssen Gerechtigkeit erfahren schon richtig- aber doch nicht durch einen anderen Staat, sondern durch den, der die Verbrechen begangen hat , oder? Wenn der das verweigert, können doch nicht jetzt ersatzweise andere einspringen. Was ist dadurch gewonnen? Die Logik versteh ich nicht.Wenn das jetzt durch ist ,kommen dann die Resolutionen: Amerika ( Indianer ), Frankreich/England , Russland ( Tataren )Beligier im Kongo usw.

Wir sind auch Völkermörder.Gelte ich jetzt als <Nestbeschmutzer?
(Ende Zynismus)

Gruß staber
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Re: Türkei

Beitragvon AlexRE » Do 2. Jun 2016, 18:43

Auf dem Facebook - Profil von Ruprecht Polenz gesehen und kommentiert:

ARMENIEN-RESOLUTION

Hart gegenüber der Türkei. Nachgiebig bei Russland?

(...)

Dieses Massaker stellte sogar so etwas wie den Prototyp der Massenausrottungen des 20. Jahrhunderts dar. Bei Adolf Hitler hinterließ der Genozid an den Armeniern erklärtermaßen einen prägenden Eindruck. Er galt ihm als Beweis dafür, dass die Vernichtung einer gesamten Volksgruppe durchführbar sei, ohne dass sich die Weltöffentlichkeit darüber in nennenswertem Maße empören würde. Führe man die planmäßige Ausrottung nur im Verborgenen und schnell genug durch, könne man damit rechnen, ungestraft davonzukommen. Die Welt, glaubte Hitler, werde die ungeheuerliche Tat schon bald vergessen haben.

(...)


http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... sland.html

>> "Der Völkermord an den Armeniern wirkte so mittelbar als Inspiration für den Holocaust, auch wenn dessen Dimension die türkische Mordaktion in jeder Hinsicht weit übertreffen sollte. <<

Das ist eine Legende. Die Quelle (Hitlers angeblicher Spruch dazu) ist nicht belastbar.
Eher könnte der Völkermord an den Hereros eine Vorlage für den an den Armeniern gewesen sein, bis hin zur Methode des Verdurstenlassens der meisten Opfer in wasserlosen Gegenden.

Aber Afrika ist eben nicht interessant genug für die Schöpfer spektakulärer Geschichtsthesen.
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Re: Türkei

Beitragvon Staber » Do 2. Jun 2016, 21:35

@ Alex
Aber Afrika ist eben nicht interessant genug für die Schöpfer spektakulärer Geschichtsthesen.


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Re: Türkei

Beitragvon Uel » Do 2. Jun 2016, 23:15

Sehr interessanter geschichtlicher Beitrag als Rückblick auf die Armenienproblematik heute auf WDR5, zufällig ??? genial passend zum heutigen Tag: http://www.wdr.de/programmvorschau/wdr5/uebersicht/2016-06-02/

Am 21. März 1921 wird auf der Berliner Hardenbergstraße am helllichten Tag aus nächster Nähe ein Mann erschossen. Der Täter: ein junger Armenier namens Soghomon Tehlirjan. Das Opfer: Talat Pascha, ehemaliger Innenminister des osmanischen Reichs.

Der Prozess gegen Tehlirjan beginnt am 2. Juni 1921 vor dem Landgericht Berlin-Moabit. "Nicht ich bin der Mörder, sondern er," verteidigt er sich. Denn Talat Pascha war einer der Hauptverantwortlichen für die Vertreibung und Ermordung von geschätzten 1,5 Millionen Armeniern in den Jahren 1915 und 1916. Nach nur anderthalb Verhandlungstagen dann die Sensation: Tehlirjan wird freigesprochen. In der Rechtsgeschichte gilt der Berliner Prozess von 1921 heute als eine Art Vorläufer der Völkerrechtstribunale nach 1945. Er prägte auch einen jungen Mann, der als Jurastudent unter den Zuschauern saß: Robert M.W. Kempner, bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen stellvertretender Chefankläger der Amerikaner.


Wir haben nicht nur Grund uns zu schämen (aus Kriegsbündnistreue schwieg das Deutsche Kaiserreich zu dem Armenierverbrechen der Türken) sondern auch Grund zum Stolz, denn es war ein deutsches Gericht der Weimarer Republik, welches einen Meilenstein setzte im Völkerrecht.


Liebe Grüße
von Uel

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Re: Türkei

Beitragvon AlexRE » Fr 3. Jun 2016, 06:55

Uel hat geschrieben:Wir haben nicht nur Grund uns zu schämen (aus Kriegsbündnistreue schwieg das Deutsche Kaiserreich zu dem Armenierverbrechen der Türken) sondern auch Grund zum Stolz, denn es war ein deutsches Gericht der Weimarer Republik, welches einen Meilenstein setzte im Völkerrecht.


Sehe ich grundsätzlich auch so, allerdings wäre das ein noch viel glänzenderer Meilenstein der Rechtsgeschichte gewesen, wenn sie die tatsächlich Gründe für den Freispruch auch ins Urteil geschrieben hätten. Stattdessen haben sie die gesetzlich zwingende Rechtsfolge - Todesstrafe wegen vorsätzlicher Tötung mit Vorbedacht = Mord (der Katalog mit den Mordmerkmalen steht erst seit 1941 im StGB, das Auflauern und Erschießen wäre aber auch danach heimtückischer Mord) - weitesträumig umschifft, indem sie ein höchst fragwürdiges nervenärztliches Gutachten genutzt haben, den Angeklagten wegen Schuldunfähigkeit freizusprechen.

So ist der Meilenstein der Rechtsgeschichte mit einem erheblichen Makel versehen, nämlich der Anwendung einer höchst missbrauchsgeneigten Methode, die in anderen Fällen finsterster Willkür Tür und Tor öffnen kann.
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Re: Türkei

Beitragvon Uel » Fr 3. Jun 2016, 10:48

allerdings wäre das ein noch viel glänzenderer Meilenstein der Rechtsgeschichte gewesen, wenn sie die tatsächlich Gründe für den Freispruch auch ins Urteil geschrieben hätten. Stattdessen haben sie die gesetzlich zwingende Rechtsfolge - Todesstrafe wegen vorsätzlicher Tötung mit Vorbedacht = Mord (der Katalog mit den Mordmerkmalen steht erst seit 1941 im StGB, das Auflauern und Erschießen wäre aber auch danach heimtückischer Mord) - weitesträumig umschifft, indem sie ein höchst fragwürdiges nervenärztliches Gutachten genutzt haben, den Angeklagten wegen Schuldunfähigkeit freizusprechen.


Ich denke mal, das Gericht hat aus pragmatischen Gründen den sichersten Ausweg gewählt, um das "Neuland-Urteil" so revisionssicher wie möglich zu machen. Pioniere müssen nun mal seit jeher in Sachen Optimum Abstriche akzeptieren.

Lasst uns einfach mal positive Gefühle aus dieser deutschen Leistung ziehen.
Liebe Grüße
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