Artikel 102 GG / Todesstrafe

Kommentare zu dem entstehenden Verfassungsentwurf bitte nur auf dieses Unterforum schreiben, nicht in den Verfassungstext selbst.

Re: Artikel 102 GG / Todesstrafe

Beitragvon Sonnenschein+8+ » Sa 6. Apr 2013, 11:54

maxikatze hat geschrieben:
Du wärst für die Todesstrafe?


bei manchen schon. ABER und das ist wichtig das man wirkliche Beweise hat und alles was dazugehört. Nicht so wie in den USA. Wo sie erst hinrichten und dann wirklich überlegen ob er/sie Täter/in ist/sind. Bei nachgewiesener Vergewaltigung oder Mord mit oder ohne Raub usw. Natürlich kleine sachen nicht. aber die großen und grausamen sachen schon. Obwohl auch ich der meinung bin man kann nicht einem sagen du darfst nicht töten aber doch selber im namen des volkes töten lassen. Auch wenn er/sie eine schwere scheußliche Tat begangen hat.
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Re: Artikel 102 GG / Todesstrafe

Beitragvon AlexRE » Do 16. Mai 2013, 00:18

Diesen Artikel zur Todesstrafe habe ich auf Facebook geteilt und kommentiert:

http://2012missionphoenix.wordpress.com ... -schweine/

Es gibt viele gute Gründe, die gegen die Todesstrafe sprechen, allen voran die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit, dass nach der Wiedereinführung der TS früher oder später ein Justizirrtum den ersten Unschuldigen vernichten würde. Von da an hätten alle Befürworter der Todesstrafe selbst Blut an den Händen. Soviel zu den guten Gründen, die die Todesstrafe zwingend verbieten. Nun zu den schlechten, die tragen Frau Jiminez und Frau Hauser nämlich hier vor: Die Todesstrafe sei eine Verletzung der Menschenwürde (des Mörders, nicht des unschuldig Verurteilten!) und deshalb wegen Art. 79 Abs. 3 GG jedem demokratischen Diskurs entzogen. Das ist schon deshalb ziemlich problematisch, weil man viele Menschen nicht wirklich davon überzeugen wird, dass die Mehrheit in einer Demokratie nach Art. soundso und § XY einfach die Fresse zu halten hat, wenn es um die gesetzliche Regelung einer Frage von Leben und Tod geht. Dazu kommt, dass das BVerfG im Jahre 1964 den Art. 1 GG keineswegs so gelesen hat, dass die Hinrichtung (in dem konkreten Fall Auslieferung) eines in einem rechtsstaatlichen Verfahren zum Tode verurteilten Mörders dessen Menschenwürde verletze: http://opinioiuris.de/entscheidung/1354 Dass die juristischen Autoritäten auf der Grundlage des noch wortgleich bestehenden Art. 1 GG ein paar Jahrzehnte später das Gegenteil behaupten, unterstützt nicht gerade die These von der Unterordnung des Volkssouveräns unter vermeintlich unfehlbare Expertisen von Fachleuten. Es ist also klüger, auf die sachbezogenen Argumente gegen die TS abzuheben und nicht auf angebliche juristische Grenzen der demokratischen Willensbildung, wo keine sind.
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Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Asozialstaat Deutschland: Längst zunehmend Lebensrealität

Beitragvon AlexRE » Do 7. Nov 2013, 14:08

maxikatze hat geschrieben:
Meine ist "generell keine Todesstrafe"


Das ist meine Meinung auch - und zwar nicht nur alleine wegen des Risikos dass es einen Unschuldigen treffen kann, sondern weil niemand das Recht hat, jemanden zu töten - auch nicht der Gesetzgeber. Das steht ihm nicht zu!


Wenn man das Risiko, dass es einen Unschuldigen treffen könnte, völlig ausblendet, kann von Töten durch den Gesetzgeber überhaupt nicht die Rede sein. Die Strafandrohung "der Mörder wird mit dem Tode bestraft" tötet ja niemanden, das tut erst derjenige, der trotz dieser Strafandrohung mordet und dadurch gleichzeitig Selbstmord begeht.

Stellt Euch einfach mal anarchische Zustände nach einem Krieg oder einer Naturkatastrophe vor. Ständig werden Menschen ermordet und in einer kleinen Siedlung von Überlebenden haben nur wenige Leute Waffen zum Schutz ihrer Familien, können aber nicht jeden Tag 24 Stunden aufpassen, weil sie ab und zu jagen müssen. Wenn die nun einen Generator und Draht haben, um während ihrer Abwesenheit ihre Familien mit unter Hochspannung stehenden elektrischen Zäunen, die mit etlichen Warnschildern versehen sind, vor den herumziehenden Mörderbanden zu schützen, und einer der Mörder fasst trotzdem an den Zaun, weil er das mit der Hochspannung nicht glaubt - sind die Erbauer des Zauns dann selbst Mörder?

Ich glaube nicht.
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Re: Asozialstaat Deutschland: Längst zunehmend Lebensrealität

Beitragvon maxikatze » Do 7. Nov 2013, 15:45

Stellt Euch einfach mal anarchische Zustände nach einem Krieg oder einer Naturkatastrophe vor. Ständig werden Menschen ermordet und in einer kleinen Siedlung von Überlebenden haben nur wenige Leute Waffen zum Schutz ihrer Familien, können aber nicht jeden Tag 24 Stunden aufpassen, weil sie ab und zu jagen müssen. Wenn die nun einen Generator und Draht haben, um während ihrer Abwesenheit ihre Familien mit unter Hochspannung stehenden elektrischen Zäunen, die mit etlichen Warnschildern versehen sind, vor den herumziehenden Mörderbanden zu schützen, und einer der Mörder fasst trotzdem an den Zaun, weil er das mit der Hochspannung nicht glaubt - sind die Erbauer des Zauns dann selbst Mörder?



Was du hier anführst, sind 2 paar Schuhe. Selbstverständlich muss jedem das Notwehrrecht zugestanden werden und das Recht, sein Heim vor Raubüberfällen angemessen zu schützen und dass dabei der Täter, je nach Situation, mit erheblicher Gegenwehr rechnen muss, ist auch für mich selbstverständlich. Dazu sind Waffen da! Wenn ich persönlich an einem abgelegenen Ort der Welt leben würde, hätte auch ich vorsorglich eine Waffe im Haus. Das ist so sicher, wie das Amen in der Kirche.
Aber ein vom Gericht ausgesprochenes Todesurteil ist keine Notwehr, sondern staatlich verordneter Mord.
Gesetzgeber sind auch nur Menschen und kein Naturgesetz. Menschen dürfen daher nicht das Recht haben über Leben oder Tod zu entscheiden. Wer sind sie denn, dass sie sich selbst die Legitimation geben (dürfen?), jemanden hinzurichten? Nein - so weit sollten ihre Befugnisse nicht reichen, was auch immer der Täter angestellt hat.
"Die größte Errungenschaft unserer freiheitlichen Kultur ist die Überwindung von Denkverboten." (Vince Ebert)
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Re: Asozialstaat Deutschland: Längst zunehmend Lebensrealität

Beitragvon AlexRE » Do 7. Nov 2013, 16:54

Gesetzgeber sind auch nur Menschen und kein Naturgesetz. Menschen dürfen daher nicht das Recht haben über Leben oder Tod zu entscheiden.


Menschen werden als soziale Wesen geboren. Ein Mörder vernichtet deshalb mit der physischen Existenz eines anderen Menschen gleichzeitig den Kern seiner eigenen Existenz auch im naturgesetzlichen Sinne.

Wer so jemandem vor seiner Tat androht, seine Fortexistenz als Antimensch über die Todesstrafe zu beenden, ist ganz sicher kein Mörder - jedenfalls solange es keinen Unschuldigen erwischt. Nur weil das langfristig gesehen nicht zu vermeiden ist, kann ich nicht verantworten, für die Todesstrafe einzutreten.
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Re: Asozialstaat Deutschland: Längst zunehmend Lebensrealität

Beitragvon Staber » Do 7. Nov 2013, 17:59

Bis zum heutigen Tag hat keine wissenschaftliche Studie einen überzeugenden Beweis dafür erbracht, dass die Todesstrafe eine stärkere abschreckende Wirkung hat , als langjährige Haftstrafen.
Jede Gesellschaft sucht nach Schutz vor Verbrechen. Klar! Das Festhalten an der Todesstrafe ermöglicht den Regierungen vielleicht, den Eindruck zu erwecken, dass sie starke Maßnahmen gegen das Verbrechen ergriffen. In Wahrheit lenkt dies nur davon ab, über soziale Strategien nachzudenken, die notwendig sind, um die Ursachen für Kriminalität zu bekämpfen. Diese sind in komplexen seelischen wie gesellschaftlichen Bedingungen (z.B. soziale Missstände) zu suchen, auf die die Todesstrafe meines Erachtens keinerlei Einfluss nimmt. Gestern wurden laut einem staatlichen iranischen Nachrichtensender im Gefängnis von Dschiroft in der Provinz Kerman fünf Häftlinge gehängt.
Ahamad Ali Anjamrooz, Justizvertreter der Stadt Dschiroft, gab gestern in einer Pressekonferenz bekannt, die fünf hätten versucht, mit dem Graben eines 18 Meter langen Fluchttunnels der Hinrichtung zu entgehen.Innerhalb von fünf Tagen hätten sie 15 Meter geschafft, dann wurde das Vorhaben bei einer Zellendurchsuchung entdeckt.
Die Namen der Gefangenen wurden nicht bekannt gegeben. Sie sollen alle wegen Drogenkriminalität verurteilt worden sein.
Tausende Gefangene wurden wie z.B. im Iran hingerichtet, dennoch fehlt jeder Hinweis darauf, dass die Todesstrafe Drogenhandel oder Drogenmissbrauch reduziert.
Eine Träne zu trocknen ist ehrenvoller als Ströme von Blut zu vergießen.
Lord George Gordon Noel Byron
Gesund bleiben !
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Re: Asozialstaat Deutschland: Längst zunehmend Lebensrealität

Beitragvon maxikatze » Do 7. Nov 2013, 18:44

So

Das denke ich auch, deswegen sehe ich auch kein Dilemma darin, wegen des Restrisikos von Fehlurteilen auf die Todesstrafe verzichten zu müssen.



oder so?

Wer so jemandem vor seiner Tat androht, seine Fortexistenz als Antimensch über die Todesstrafe zu beenden, ist ganz sicher kein Mörder - jedenfalls solange es keinen Unschuldigen erwischt. Nur weil das langfristig gesehen nicht zu vermeiden ist, kann ich nicht verantworten, für die Todesstrafe einzutreten.



Ja was denn nun?

Meine Meinung bleibt, niemand, aber auch niemand auf der Welt hat sich als Henker aufzuspielen. Mit Gerechtigkeit haben Todesurteile nichts zu tun, höchstens mit Rache.
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Re: Asozialstaat Deutschland: Längst zunehmend Lebensrealität

Beitragvon maxikatze » Do 7. Nov 2013, 18:58

Gesetzgeber, Richter und Henker sind da noch nicht einmal mitverantwortlich für den Mord und Selbstmord, geschweige denn auf einer Stufe mit dem Mörder.


Selbstmord? Wie soll ich das verstehen? Der Selbstmord ist doch etwas ganz anderes. Selbstmord ist kein Mord.

Kein Gesetzgeber, Richter und Henker ist für die Tat eines Mörders verantwortlich. Aber
wer gibt denn Gesetzgeber, Richter und Henker die Legitimation zum Vollstrecken eines Todesurteils?
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Re: Asozialstaat Deutschland: Längst zunehmend Lebensrealität

Beitragvon AlexRE » Do 7. Nov 2013, 20:15

maxikatze hat geschrieben:So

Das denke ich auch, deswegen sehe ich auch kein Dilemma darin, wegen des Restrisikos von Fehlurteilen auf die Todesstrafe verzichten zu müssen.



oder so?

Wer so jemandem vor seiner Tat androht, seine Fortexistenz als Antimensch über die Todesstrafe zu beenden, ist ganz sicher kein Mörder - jedenfalls solange es keinen Unschuldigen erwischt. Nur weil das langfristig gesehen nicht zu vermeiden ist, kann ich nicht verantworten, für die Todesstrafe einzutreten.



Ja was denn nun?


Ich hatte geschrieben, dass ich nur wegen des Restrisikos von Fehlurteilen gegen die Todesstrafe sein und ansonsten darin keine Verletzung der Menschenwürde von Mördern oder gar Staatsmorde darin sehen würde.

"Ja was denn nun" impliziert, dass da irgendwo ein Widerspruch sei. Den sehe ich nicht. Ich bin schließlich gegen die Todesstrafe, nur eben nicht aus den von Dir angeführten Gründen.

Meine Meinung bleibt, niemand, aber auch niemand auf der Welt hat sich als Henker aufzuspielen. Mit Gerechtigkeit haben Todesurteile nichts zu tun, höchstens mit Rache.


Niemand spielt sich auf, der Mörder gestaltet ganz alleine, solange es keinen Unschuldigen erwischt. Mord ist das hochmütigste aller Verbrechen, wer Mörder tötet, holt sie nur wieder von ihrem hohen Ross herunter und ist nicht selbst hochmütig.

Rache ist nur gefährlich für die Gerechtigkeit, von Streben nach Rache bestimmte Prozesse führen eher zu Fehlurteilen gegen Unschuldige als die heutigen europäischen nüchtern-technisch geführten Prozesse. Deshalb bin ich gegen die Todesstrafe und gegen Rachejustiz.

Aber dass Rache eine Art Synonym von Unrecht ist, möchte ich dann doch bezweifeln. Wieso soll jemand ein Verbrecher sein, der einen gemeinen Mord an einem nahen Angehörigen rächen will?
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Re: Asozialstaat Deutschland: Längst zunehmend Lebensrealität

Beitragvon AlexRE » Do 7. Nov 2013, 20:18

maxikatze hat geschrieben:
Gesetzgeber, Richter und Henker sind da noch nicht einmal mitverantwortlich für den Mord und Selbstmord, geschweige denn auf einer Stufe mit dem Mörder.


Selbstmord? Wie soll ich das verstehen? Der Selbstmord ist doch etwas ganz anderes. Selbstmord ist kein Mord.


Das habe ich nicht geschrieben. Ich habe geschrieben, dass der Mörder in Ländern mit Todesstrafe gleichzeitig Selbstmörder sei und Gesetzgeber, Richter und Henker keineswegs ihrerseits Mörder.

Kein Gesetzgeber, Richter und Henker ist für die Tat eines Mörders verantwortlich. Aber wer gibt denn Gesetzgeber, Richter und Henker die Legitimation zum Vollstrecken eines Todesurteils?


Die brauchen keine Legitimation, weil sie nicht wirklich töten. Die haben nur ein technisches System zum Schutz von Menschenleben vor Mördern errichtet (siehe oben meinen Vergleich mit dem Elektrozaun), bei dessen Betätigung der Mörder nicht nur einen anderen Menschen, sondern auch sich selbst vernichtet.
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