SPD - Gesetzentwurf zu Volksentscheiden

Soll die neue Verfassung Volksabstimmungen nach bekanntem Muster vorsehen oder muss man über neue, auf die Bundesrepublik zugeschnittene Modelle nachdenken?

SPD - Gesetzentwurf zu Volksentscheiden

Beitragvon AlexRE » Fr 14. Jun 2013, 23:48

14.06.2013

SPD BRINGT VOLKSENTSCHEID IN BUNDESTAG EIN

Die Bundestagsfraktion der SPD hat gerade einen Gesetzentwurf „zur Ergänzung des Grundgesetzes um Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheid und Referendum“ in die erste Beratung im Bundestag eingebracht. Mehr Demokratie begrüßt diese Initiative ausdrücklich.

(...)


http://www.volksentscheid.de/spd-volkse ... in_bt.html

Das haben sie 2002 schon einmal gemacht, keine 2/3 - Mehrheit für eine GG-Änderung erzielt und das Ganze dann abgehakt. Die wissen alle ganz genau, dass die Sperrminorität der Unionsparteien gegen die Einführung von Volksabstimmungen auf Bundesebene ins Grundgesetz wie ein Fels in der Brandung steht. Wenn sie trotzdem einen neuen Vorstoß im Parlament unternehmen, kann das nur eine Show zur Erlangung von Wahlkampfmunition gegen die Union sein. Wie rot/grün/gelb sich verhalten würden, wenn es ernst mit den Volksabstimmungen würde, ist ein ganz anderes Kapitel.
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: SPD - Gesetzentwurf zu Volksentscheiden

Beitragvon aristo » Mi 22. Jan 2014, 17:25

Zahlreiche Juristen sind der Meinung, das es keiner Änderung des GG bedarf um Volksentscheide etc. einzuführen.

Artikel 20 Abs. 2

Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

Der Gesetzgeber hat den Verfassungsauftrag, Abstimmungen des Volkes gesetzgeberisch noch immer nicht umgesetzt.

Es reicht ein einfaches Ausführungsgesetz für Abstimmung.

Dieses z.B.
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Re: SPD - Gesetzentwurf zu Volksentscheiden

Beitragvon AlexRE » Mi 22. Jan 2014, 17:54

aristo hat geschrieben:Es reicht ein einfaches Ausführungsgesetz für Abstimmung.

Dieses z.B.


Das ist eine Mindermeinung. Nach der herrschenden Meinung - und nach der maßgeblichen des BVerfG - ist für die Einführung von Volksabstimmungen auf Bundesebene eine Änderung des Grundgesetzes nötig:

Um bundesweite Volksentscheide einzuführen, muss nach herrschender Rechtsauffassung das Grundgesetz geändert werden. Das bestätigte auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Lissabon-Vertrag am 30. Juni 2009: "In einer Demokratie muss das Volk Regierung und Gesetzgebung in freier und gleicher Wahl bestimmen können. Dieser Kernbestand kann ergänzt sein durch plebiszitäre Abstimmungen in Sachfragen, die auch in Deutschland durch Änderung des Grundgesetzes ermöglicht werden könnten."


http://www.mehr-demokratie.de/volksentscheid-bundestag.html

Ich bin für Volksabstimmungen auf Bundesebene, aber dennoch der Auffassung des BVerfG. Wenn der parlamentarische Rat den Weg zu Volksabstimmungen auf Bundesebene über ein einfaches Ausführungsgesetz hätte eröffnen wollen, hätte er im GG Regelungen zu der komplizierten Frage der Wahrung von Länderrechten im Falle von Bundes - Volksabstimmungen getroffen.
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Re: SPD - Gesetzentwurf zu Volksentscheiden

Beitragvon Staber » Mi 22. Jan 2014, 19:19

Grundsätzlich ist der Volksentscheid eine Verbesserung der Demokratie. Die Praxis zeigt uns aber (in Rheinland-Pfalz) das Volksentscheide dann abgelehnt werden wenn es z.Bsp den GRÜNEN nicht passt und sie mit einer Niederlage rechnen müssen.Siehe Bau der Mittelrhein-Brücke.Das ist Heuchelei und niemand kann garantieren, das nicht auch andere Parteien wenn sie an der Macht sind so vorgehen.
http://www.nachrichten.de/politik/Mitte ... d_3993901/

MfG
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Re: SPD - Gesetzentwurf zu Volksentscheiden

Beitragvon aristo » Mi 22. Jan 2014, 19:42

AlexRE hat geschrieben:
aristo hat geschrieben:Es reicht ein einfaches Ausführungsgesetz für Abstimmung.

Dieses z.B.


Das ist eine Mindermeinung. Nach der herrschenden Meinung - und nach der maßgeblichen des BVerfG - ist für die Einführung von Volksabstimmungen auf Bundesebene eine Änderung des Grundgesetzes nötig:

Um bundesweite Volksentscheide einzuführen, muss nach herrschender Rechtsauffassung das Grundgesetz geändert werden. Das bestätigte auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Lissabon-Vertrag am 30. Juni 2009: "In einer Demokratie muss das Volk Regierung und Gesetzgebung in freier und gleicher Wahl bestimmen können. Dieser Kernbestand kann ergänzt sein durch plebiszitäre Abstimmungen in Sachfragen, die auch in Deutschland durch Änderung des Grundgesetzes ermöglicht werden könnten."


http://www.mehr-demokratie.de/volksentscheid-bundestag.html

Ich bin für Volksabstimmungen auf Bundesebene, aber dennoch der Auffassung des BVerfG. Wenn der parlamentarische Rat den Weg zu Volksabstimmungen auf Bundesebene über ein einfaches Ausführungsgesetz hätte eröffnen wollen, hätte er im GG Regelungen zu der komplizierten Frage der Wahrung von Länderrechten im Falle von Bundes - Volksabstimmungen getroffen.


Die herrschende Rechtsauffassung kann aber falsch sein.

Der reale Weg zu Volksentscheiden auf Bundesebene
Verfassungsrechtler geben neue Impulse

Es wurden 100 Verfassungsrechtler, davon etwa 35 Professoren und 65 praktizierende Verfassungsrechtler, im Juni 2010 angeschrieben.

Aus den Antworten geht ganz klar hervor, dass keine klaren Regelungen und so auch keine übereinstimmenden Meinungen hinsichtlich der Einführung bundesweiter Volksentscheide existieren: „Die Organisation und Durchführung eines Volksentscheids, also die Umsetzung dieses Verfassungsrechts ist nicht geklärt.“ (RA Jörg Schmidt-Wottrich, Berlin)

Es steht nirgends im Grundgesetz, dass Volksentscheide auf Bundesebene verboten wären und es für die Durchführung tatsächlich einer Grundgesetzänderung oder überhaupt eines Gesetzes bedarf. Rechtsanwalt Rudolf P. B. Riechwald aus München schreibt dazu: „Wie immer gibt es hier mindestens 2 klare Rechtsmeinungen, wobei nach einer Auffassung keine Grundgesetzänderung notwendig ist, sondern ein einfaches Gesetz ausreicht, d.h. der Bundesgesetzgeber könne auch für andere Fragen als die Neugliederung des Bundesgebiets Volksbefragungen und Volksentscheide einführen, sofern es sich nur um Materie handelt, die in die Zuständigkeit des Bundes fallen (vgl. Stein in Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Luchterhand 1984, RdNr. 40 zu Art. 20 GG).

„Das Volk ist oberstes Verfassungsorgan („Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“. Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG). Die Staatsgewalt wird vom Volk und durch weitere Organe (Gesetzgebung, Regierung und Rechtsprechung) ausgeübt (Art. 20 Abs. 2 S.2 GG), die also neben dem Volk als Verfassungsorgan existieren und nicht anstelle oder für das Volk. Die Ausübung der Staatsgewalt durch das Volk geschieht in Wahlen und Abstimmungen. Die weiteren Organe erlassen Gesetze (Parlamente) und überprüfen (Gerichte) deren rechtmäßigen Vollzug (Verwaltung). Also etwas platt ausgedrückt: das Volk wählt und stimmt ab, die anderen Organe machen die Detailarbeit.


Quelle:

Auch das BVerfG kann irren.

Wie auch immer, wir brauchen bundesweite Volksentscheide. Die rein parlamentarische Demokratie hat versagt.
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Re: SPD - Gesetzentwurf zu Volksentscheiden

Beitragvon AlexRE » Mi 22. Jan 2014, 21:27

aristo hat geschrieben:Auch das BVerfG kann irren.


Das glaube ich auch. Diese Erkenntnis nützt aber nichts, weil das BVerfG überall das letzte Wort hat.

Wie auch immer, wir brauchen bundesweite Volksentscheide. Die rein parlamentarische Demokratie hat versagt.


Nicht nur das, die rein parlamentarische Demokratie ohne jedes plebiszitäre Element ist seit 1990 nicht einmal in formell - staatsrechtlicher Hinsicht legitimiert:

Grundgesetz Aktiv > Große Mehrheit für direkte Demokratie
Der Stuttgarter OB Rommel:

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Re: SPD - Gesetzentwurf zu Volksentscheiden

Beitragvon aristo » Mi 22. Jan 2014, 21:58

AlexRE hat geschrieben:
aristo hat geschrieben:Auch das BVerfG kann irren.


Das glaube ich auch. Diese Erkenntnis nützt aber nichts, weil das BVerfG überall das letzte Wort hat.

Wie auch immer, wir brauchen bundesweite Volksentscheide. Die rein parlamentarische Demokratie hat versagt.


Nicht nur das, die rein parlamentarische Demokratie ohne jedes plebiszitäre Element ist seit 1990 nicht einmal in formell - staatsrechtlicher Hinsicht legitimiert:

Grundgesetz Aktiv > Große Mehrheit für direkte Demokratie


Du sprichst Artikel 146 GG an, dazu hat das BVerfG entschieden:

Die für den Fall der Wiedervereinigung in Frage gekommene Abstimmung über eine Verfassung gemäß Art. 146 fand jedoch angesichts des „Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland“[14] nicht statt. In der Begründung zur Nichtannahme einer (diese Frage nur am Rande) betreffenden Verfassungsbeschwerde legte der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts am 12. Oktober 1993 dar, „[a]uch Art. 146 GG begründet kein verfassungsbeschwerdefähiges Individualrecht (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG).“


Artikel 146 lautet nämlich:

Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.


Viele haben fälschlicherweise angenommen, das bei einer Wiedervereinigung automatisch eine neue Verfassung ins Leben gerufen werden muss! Dem ist aber nicht so.

Die Brisanz liegt im zweiten Halbsatz:

....verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.


Damit ist ein vom Volk ins Leben gerufenes Verfassungsreferendum legitimiert.
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Re: SPD - Gesetzentwurf zu Volksentscheiden

Beitragvon AlexRE » Do 23. Jan 2014, 01:42

Ich stelle nicht die Legitimität der grundgesetzlichen Ordnung insgesamt in Frage, sondern ausschließlich die des Banns von Volksabstimmungen auf Bundesebene:

die rein parlamentarische Demokratie ohne jedes plebiszitäre Element ist seit 1990 nicht einmal in formell - staatsrechtlicher Hinsicht legitimiert:


Der Artikel 146 GG verlangt natürlich kein Verfassungsreferendum, solange das GG von der Mehrheit der Deutschen als ihre Verfassung angesehen und akzeptiert wird. Er schließt aber aus, dass eine von den Autoren des GG im Hinblick auf die außenpolitischen Sachzwänge der Nachkriegszeit getroffene grundsätzliche Entscheidung nach dem Wegfall der Nachkriegssituation gegen den dauerhaften bzw. nachhaltigen Willen des Volkes nur durch eine Sperrminorität gegen Grundgesetzänderungen, die von einer einzigen Partei ausgeübt wird, legitimiert werden kann.
Der Stuttgarter OB Rommel:

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