Hartz IV: Eine Million Strafen erwartet

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Re: Hartz IV: Eine Million Strafen erwartet

Beitragvon GasGerd » So 21. Okt 2012, 15:13

Auf gmx wird ziemlich oft gegen Arbeitslose gestänkert, die heute aktuelle Idee, "Pauschalsteuern" für die Möglichkeit des Flaschensammelns zu berechnen, ist aber schon Sonderklasse:

"Ist das ok oder gerecht? Sollte man nicht eine Art Pauschalsteuer für Hartz IV-Empfänger einführen, die direkt von der Regelleistung einbehalten wird? Unter bestimmten Vorraussetzungen ist ja selbst Trinkgeld ein zu versteuerndes Einkommen."

"Pauschalsteuer" ist Blödsinn, die vollen Sozialleistungen werden ja nur dann gezahlt, wenn der Betreffende ÜBERHAUPT KEIN Einkommen hat. Sonst wird nämlich ausnahmslos alles andere angerechnet, Sozialleistungen sind gegenüber jedem Einkommen "subsidiär" (= nachrangig), sogar gegenüber Geldgeschenken von Verwandten und Freunden.

Rein theoretisch könnten also Jobcenter - Mitarbeiter den Arbeitslosen hinterherschnüffeln und denjenigen, die Flaschen sammeln und dieses Einkommen nicht angeben, Sanktionen reindrücken. Praktisch werden sie so ein Fass aber wohl kaum aufmachen, die Stimmung ist ganz allgemein schon giftig genug.

Das gilt übrigens auch für die Tafeln. Formalrechtlich sind Sozialleistungen auch gegenüber den Zuwendungen solcher gemeinnütziger Einrichtungen subsidiär, da könnten die Jobcenter also auch rumschnüffeln und gucken, ob sie den Arbeitslosen Sachleistungen der Tafeln anrechnen können. Das werden sie aber erst recht nicht tun, neben dem allgemeinen Ärger mit den Arbeitslosen hätten sie dann auch noch die empörten gemeinnützig engagierten Leute am Hals, darunter viele Politiker- und Unternehmergattinnen mit entsprechenden Beziehungen, die richtig Stress machen könnten.


http://meinungen.gmx.net/forum-gmx/post/16608925?sp=56#jump
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Re: Hartz IV: Eine Million Strafen erwartet

Beitragvon AlexRE » So 21. Okt 2012, 15:39

Stricksachen bei ebay verscheuern ist noch gefährlicher als Flaschen sammeln:

Bundesligist will Schadenersatz

Teure Schalke-Schühchen

Baby-Schuhe im Wert von ein paar Euro können mehr als 1000 Euro teuer werden: Zumindest wenn sie den Schriftzug eines Bundesligisten tragen. Der FC Schalke 04 will Schadenersatz für Gestricktes.

(...)


http://www.halternerzeitung.de/nachrich ... 44,1799769

Von wegen "herzliche Ruhrpottler" und "Meister der Herzen". Wenn`s um Kohle geht, ist das alles ganz dünnes Eis.
Der Stuttgarter OB Rommel:

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Re: Hartz IV: Eine Million Strafen erwartet

Beitragvon Sonnenschein+8+ » Mi 24. Okt 2012, 12:06

http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenue ... 001162.php

SANKTIONEN BEI HARTZ IV UM AUSGABEN ZU SPAREN

Ein Arbeitsvermittler aus Hamburg gibt interne Einblicke

23.10.2012

Auf der Plattform „Jobcenterleaks“ berichtet ein Arbeitsvermittler, der zuletzt zweieinhalb Jahre in einem Jobcenter in Hamburg tätig war, dass auf einen Vermittler rund 350 Personen kommen, um die sich in der Regel ein Sachbearbeiter kümmern muss. Um „passive Ausgaben zu sparen“ seien Sanktionen gegenüber Hartz IV-Beziehern das einfachste Mittel. Der Druck der Geschäftsführung wird an die Teamleiter und dann an die Sachbearbeiter weitergegeben.

Augenscheinlich rumort es in den Hartz IV-Behörden. Erst in der vergangenen Woche veröffentlichte eine Jobcenter-Mitarbeiterin einen selbst verfassten Artikel, um die Zustände in den Behörden offenzulegen und um mit dem System "Hartz IV" persönlich abzurechnen. Nun hat sich ein weiterer Arbeitsvermittler auf der Enthüllungsplattform „Jobcenterleaks“ zu Wort gemeldet.


350 „Kunden“ von einem Arbeitsvermittler betreut

„Jeder Vermittler hatte sich dort um circa 350 Personen zu kümmern, und dies sei noch wenig, wie man mir berichtete“, so der Insider, der nicht seinen Namen in der Öffentlichkeit preis geben will. Im Grundsatz gehe es bei der täglichen Arbeit nur sekundär um die Arbeitssuchenden. „Das Führungspersonal steht unter großem Druck, gewünschte Zahlen zu produzieren; diesem Ziel wird dort radikal alles untergeordnet.“ Während der Dienstbesprechungen werden immer wieder Vergleichszahlen und Ranking von anderen Jobcentern auf Schautafeln präsentiert. Um das Ranking zu verbessern, wurde mit „aberwitzigen Aktionen“ von den Teamleitern versucht, die Zahlen zu verbessern. Dabei wurden weder regionale Besonderheiten noch oder andere Faktoren berücksichtigt, so der Behördenmitarbeiter.


Um Kosten zu sparen Sanktionen aussprechen

„Um das Budget für das nächste Jahr zu sichern, müssen in Hamburg in den kommenden zwei Wochen 3000 Personen einer Arbeitsgelegenheit zugewiesen werden: Eine mündliche Dienstanweisung an alle Vermittler.“ Oder: „Bei den Sanktionen sind wir im vorderen Drittel, weiter so!“ Als wichtigstes Mittel der gesellschaftspolitischen Ziele gehört die Senkung der Ausgaben. Das einfachste Mittel dies zu erreichen, seien Sanktionen gegenüber Hartz IV-Beziehern.


Umschulungen werden nicht finanziert

Gesetzliche Vorgaben und Formulare ändern sich ständig. Oft wurde zum Beispiel mitgeteilt, dass bis auf weiteres keine Umschulungen zu finanzieren seien. Im Kontakt mit dem Kunden solle aber nicht kommuniziert werden, dass der Bund keine Gelder zur Verfügung stellt. Stattdessen sollen die Sachbearbeiter nach Möglichkeit relevante Dinge im Lebenslauf des Erwerbslosen finden, die zu einer Ablehnung führen können. „Dies alles ist politisch gewollt und wird auch so gesteuert“, so der Hamburger Arbeitsvermittler.

Die Angestellten des Jobcenters setzen sich größtenteils aus Mitarbeitern unterschiedlichster beruflicher Herkunft zusammen. Viele kommen aus der ehemaligen Krankenhausverwaltung, der Telekom, die nach Privatisierung in die Jobcenter geschickt wurden, und Akademiker, die nichts anderes bekommen haben. Die wenigsten können eine pädagogische Ausbildung vorweisen. „Und die wenigsten würden diese Tätigkeit tatsächlich ausüben, wenn sie eine Wahl hätten“. (wm)


so.. solle ich euch was sagen? Das sind in meine Augen Sch... mehr nicht und weniger auch nicht. Sanktionen nur fürs Sparen ich könnte Kotzen echt..
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Re: Hartz IV: Eine Million Strafen erwartet

Beitragvon Arbeitslos » Mi 24. Okt 2012, 12:13

so.. solle ich euch was sagen? Das sind in meine Augen Sch... mehr nicht und weniger auch nicht. Sanktionen nur fürs Sparen ich könnte Kotzen echt..


Hast du wirklich gedacht, bei den Sanktionen ginge es um etwas anderes?
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Re: Hartz IV: Eine Million Strafen erwartet

Beitragvon Sonnenschein+8+ » Mi 24. Okt 2012, 12:15

Arbeitslos hat geschrieben:
Hast du wirklich gedacht, bei den Sanktionen ginge es um etwas anderes?


Manche kommen wirklich nicht zu ihren Terminen ;) aber ich habe es sehr vermutet und da kommt noch mehr
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Re: Hartz IV: Eine Million Strafen erwartet

Beitragvon Sonnenschein+8+ » So 21. Apr 2013, 10:21

Ich knall das mal hier rein ;)

http://www.welt.de/vermischtes/article1 ... eidet.html


Warum sich jemand bewusst für Hartz IV entscheidet

Susanne Müller (42) könnte gut verdienen, doch sie braucht nicht viel. Sie hat sich gegen Karriere und für Hartz IV entschieden – und stellt doch Ansprüche. Zu Gast in einem spartanischen Luxusleben.


Bild
Susannes Kühlschrank ist nie voll. Die Einkäufe des Tages, Vorräte will sie nicht. "Ich mag es übersichtlich", sagt sie

Am 1. März um 9 Uhr früh hocken zwei Nebelkrähen auf einem Balkon im fünften Stock. Sie starren gierig aus schwarzen Vogelaugen, sie wollen fressen. Susanne Müller kommt. Sie versorgt die Krähen mit Katzenfutter. Das ist von Aldi, die bessere Sorte, mit höherem Fleischanteil. Die Vögel mögen das, und Susanne versorgt sie anständig, obwohl sie eigentlich nichts zu verschenken hat. Vögel füttern ist ein Luxus im Leben von Susanne, darum genießt sie die Gier der Tiere. Sie schaut ihnen beim Fressen zu und freut sich.

Will man das Leben von Susanne Müller* in Zahlungsströmen darstellen, genügen kleine Zahlen. Am Monatsanfang beginnt Susanne zu warten. Stündlich kontrolliert die 42-Jährige den Kontostand, online. So erwischt sie den Moment ziemlich genau, in dem ihr Monatsbudget eintrifft.

Buchungstag: 01.03.13

Umsatzart: Arbeitslosengeld II

Buchungsdetails: Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts (372,00 Euro),

Kosten für Unterkunft und Heizung (379,00 Euro),


Foto: Kathrin Spoerr
Susanne Müller lebt von 751 Euro im Monat. Trotzdem pflegt sie einen gewissen Wohlstand – MacBook, iPhone, Steakhausbesuche. Dafür gibt es die meiste Zeit Bratkartoffeln

Late Night
Jubiläum der Hartz-Reformen – Maischbergers Bilanz
Jobcenter Friedrichshain

Betrag: 751,00 Euro

Saldo: 772,00 Euro

Am 1. März um 11.20 Uhr besitzt Susanne Müller 772 Euro, 21 Euro waren noch übrig vom letzten Monat. Die Überweisung vom Jobcenter ist die einzige grüne Buchung des Monats.

Susanne Müller ist ein sparsamer Mensch. Ein genügsamer Mensch ist sie nicht. Sie ist ein Mensch mit Ansprüchen. Ihre Ansprüche sind klein, von außen betrachtet, aber sie achtet darauf, dass sie sie mit eigenem Geld erfüllen kann. Sie leiht sich nichts, weder von Freunden noch von ihrer Familie. Auch von ihrem Freund nicht. Das Geld, das sie "mein Geld" nennt, kommt vom Staat, von den Steuerzahlern. Sie bekommt das, was in Deutschland als "Mindestanspruch für ein menschenwürdiges Leben" definiert ist. Ihr Anspruch ist im Sozialgesetzbuch festgeschrieben, Arbeitslosengeld II, besser bekannt als Hartz IV.

Den finanziellen Rahmen hat sie schriftlich. Sie bekommt ihn per Brief mitgeteilt, zweimal im Jahr. Manchmal sind es ein paar Euro mehr, manchmal ein paar Euro weniger. Warum das so ist, weiß sie nicht. Aber es hebt oder senkt ihre Stimmung.

Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts

Sehr geehrte Frau Müller,

aufgrund Ihres Antrags vom 20.09.2012 werden für Sie Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1.12.12 bis 31.5.13 in folgender Höhe bewilligt: Monatlicher Gesamtbetrag in Höhe von 751,00 Euro – für den Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes (inkl. Mehrbedarfe) 372,00 Euro – Kosten für Unterkunft und Heizung 379,00 Euro.

Müller, Susanne ist in der Kranken- und Pflegeversicherung bei der Barmer-Ersatzkasse vom 1.12.12 bis zum 31.5.13 pflichtversichert.

Als sie noch Geld verdiente, sparte Susanne. Sie hatte schon damals keine großen Wünsche, es gab keinen Gegenstand, auf den sie sparte. Sie sparte vor sich hin, ohne Ziel.

Nie wieder arbeiten

Zuletzt verdiente sie 2290 Euro im Monat, netto. Zuletzt heißt: 2004. Ungefähr die Hälfte brauchte sie damals zum Leben; der Rest blieb liegen. Der Rest wurde immer mehr. Im September 2004 lagen 30.000 Euro auf dem Girokonto. Im Oktober 2004 hat sie gekündigt, ohne eine neue Stelle zu haben. Sie suchte auch keine neue Stelle. Sie wollte nicht arbeiten. Nie wieder.

Um 11.50 Uhr zieht Susanne ihren Shell-Parka an, dazu die Doc Martens. Beides acht Jahre alt, im Outlet gekauft. Sie wickelt sich in ihren roten Schal. Der ist aus Kaschmir und zwölf Jahre alt. Sie läuft die Treppen hinunter auf die Straße. Sie geht zur Bank, dieses eine Mal im Monat.

Buchungstag: 01.03.13

Umsatzart: Kartenverfügung

Abbuchung: 03.02/12.41 UHR – B-FRIEDR. – EUR 300,00 – ENTGELT 0,00

Betrag: 300,00 Euro

Saldo: 472,00 Euro

Am 1. März um 12.05 Uhr besitzt Susanne Müller 300 Euro Bargeld. Sie betritt die Schalterhalle, das Geldbündel in der Hand, steuert die Kasse an und wechselt die kleinen Scheine in große um: drei Hundert-Euro-Scheine, ein Zwanziger. Sie sagt, große Scheine machen sie diszipliniert. Susanne streicht die Scheine glatt und steckt sie ins Portemonnaie. Sorgfältig, korrekt. Sorgfalt ist ihre Art. Korrekt ist sie nicht.

300 Euro am Monatsersten, oder -zweiten, spätestens -dritten, mehr Bargeld besaß Susanne seit sechs Jahren nicht. "Ich brauche nicht mehr", sagt sie. "Ich will nicht mehr." Und dann sagt sie: "Mit viel Geld in der Tasche fühle ich mich gut." Sie weiß, dass diese Sätze nicht richtig zueinanderpassen.

Ein paar Minuten lang genießt Susanne den Blick auf die grünen Scheine in ihrem Portemonnaie. Dann geht sie frühstücken. Danach zum Friseur. Wie immer am Hartz-Tag.

Ihr Leben hat sich seit der Kündigung verändert. "Aber nicht verschlechtert", sagt Susanne. Sie lacht. Ungläubige Blicke ist sie gewohnt. Die gesparten 30.000 Euro reichten nach 2004 ziemlich genau drei Jahre lang. Als das Geld weg war, ging sie zum Sozialamt. Seitdem bekommt sie Hartz IV.

Susanne Müller ist 42 Jahre alt. Sie ist gesund. Sie ist intelligent. Sie hat Abitur. Sie hat einen Fachhochschulabschluss als Betriebswirtin. Zwölf Jahre lang hat sie so funktioniert, wie die Mehrheit der Deutschen. Sie hat acht Stunden täglich gearbeitet, hat Steuern gezahlt und an ihre Rente gedacht. Sie hatte einen Chef, viele Kollegen und sechs Wochen Urlaub im Jahr. Sie hasste ihre Arbeit nicht, auch nicht ihren Chef oder ihre Kollegen, als sie kündigte.

Frei wie in der Wüste

Im Urlaub hat sie gemerkt, dass ihr Leben nicht stimmte. Sie fuhr in die Wüste. Sie schlief im Schlafsack unter den Sternen der Sahara. "Dort ist es passiert", sagt Susanne. "In der Wüste habe ich gemerkt, dass ich nicht leben wollte, wie ich lebte. Die anderen wollten, dass ich so lebe." Sie wollte nicht in der Wüste leben, aber so frei wie in der Wüste. Das Wort "frei" benutzt Susanne oft.

Friseur Yilmaz: 15 Euro für einen Pagenschnitt. Susanne geht zum türkischen Friseur, obwohl sie Türken und überhaupt Ausländer nicht besonders mag. Das, sagt sie, sei eine Entwicklung, die neu ist an ihr. "Die wandern in die Sozialsysteme ein", sagt sie. Dass sie selbst das Sozialsystem ausnutzt, weiß sie, aber sie findet es okay. Sie hat kein schlechtes Gewissen. Türken, sagt sie, sollen bitte sehr das türkische Sozialsystem ausnutzen. Warum sie so denkt? "Ist doch logisch", sagt sie. "Die sind meine Fressfeinde. Konkurrenten eben."

"Café Morgenrot": 3,50 Euro für ein französisches Frühstück (ein Brötchen, ein Croissant, Butter, Marmelade, Honig, eine Tasse Kaffee). Sie bittet um ein zweites Brötchen und bekommt es. Gratis. Susanne gibt kein Trinkgeld.

Susanne wird erst wieder am Abend Hunger haben. Sie wird Bratkartoffeln mit Spiegelei machen. Sie isst gern Bratkartoffeln.

Susanne hat ihr Frühstück aufgegessen. Sie hat ein bisschen Zeitung gelesen, und jetzt geht sie einkaufen. Zwei Straßen weiter ist ihr Bioladen. Sie lächelt in die Wintersonne. Drei grüne Scheine im Portemonnaie. Das Essenkaufen macht sie sorgfältig. Mit viel Zeit für Qualität und Preisvergleich.

Biolädchen:

vier Kartoffeln, 79 Cent;

zwei Karotten, 65 Cent;

1 Liter Milch, 1,15 Euro;

ein Dinkelvollkornbrot vom Vortag

zum halben Preis, 2,05 Euro;

250 Gramm Butter, 1,49 Euro;

vier Eier, 1,20 Euro.

Zusammen: 7,33 Euro.

Am 1. März um 14.05 Uhr hat Susanne Müller 274,17 Euro im Portemonnaie. Sie hat ihre Umhängetasche mit den Einkäufen befüllt und geht nach Hause. Die Wintersonne scheint noch immer, sie genießt die Strahlen und geht langsam.

Susanne kauft zweimal, manchmal dreimal in der Woche ein. Biokost, nichts anderes. Und immer nur das, was sie braucht. "Ich esse gern, und ich koche gern", sagt sie. Ihr Monatsbudget für Nahrungsmittel liegt bei 120 Euro. Ihr Kühlschrank ist nie voll. Die Einkäufe des Tages, Vorräte will sie nicht. "Ich mag es übersichtlich", sagt sie.

Um 14.35 Uhr kommt Susanne nach Hause. Sie legt sich aufs Sofa. Sie sieht aus dem Fenster. Sie schließt die Augen. Jeder normale Mensch würde jetzt einschlafen. Susanne schläft nicht, sie liegt einfach da. Sie nennt es Meditation. "Ich brauch die Entspannung. Sonst kann ich mich nicht erholen." Sie hat das Gefühl, Erholung zu brauchen, sagt sie. Natürlich weiß sie, dass sie noch gar nichts Anstrengendes getan hat heute. Eine Stunde später steht sie auf, erholt. Jetzt ist der Haushalt dran. Wäsche in die Maschine, das Bad putzen. Das macht sie jeden Freitag. Staubsaugen. Das macht sie täglich.

Um 15.30 Uhr will Susanne sich ein bisschen bewegen. Parka, Kaschmirschal, Doc Martens. Ein Griff in die Kammer, dort steht eine Ikea-Tasche. Sie ist voll, 28 Pfandflaschen, die sie in den letzten Tagen gesammelt hat. "Nicht gesammelt", korrigiert sie sich. "Gefunden und mitgenommen."

Susanne geht zu Aldi, zwei Straßen weiter. Sie macht einen großen Umweg, weil das Winterwetter immer noch schön ist und die Straßen leer. Unterwegs findet sie zwei weitere Pfandflaschen. Weil ihre Tasche voll ist, klemmt sie sich die Flaschen unter den Arm.

Um 15.55 Uhr schiebt Susanne die Flaschen in den Pfandautomaten. Sie bekommt einen Bon im Wert von 7,50 Euro. Dann betritt sie den neonhellen Einkaufssaal. Einmal in der Woche kommt sie her. Mit Flaschen und einigen Bedürfnissen.

Katzenfutter, 1,99 Euro;

Klopapier, 2,75 Euro;

Allesreiniger, 75 Cent;

Flüssigwaschmittel, 1,99;

Geschirrspültabs, 2,85;

Hautpflegecreme, 1,29;

Haargel, 99 Cent;

Deo, 85 Cent;

Shampoo, 75 Cent;

Zahncreme, 39 Cent;

Tampons, 2,75 Euro;

Müllbeutel, 69 Cent.

Außerdem: ein Thesa-Kleberset (Klebestift, Klebeband, Sekundenkleber, Alleskleber), 2,29 Euro. Kopierpapier, 500 Blatt, 2,99 Euro – beides aus dem Aktionssortiment der Woche. Keine Impulskäufe, sondern Bedarf. Das Aktionsprogramm hatte sie letzte Woche mitgenommen und gründlich studiert.

Am 1. März um 16.55 Uhr hat Susanne Müller 258,85 Euro im Portemonnaie. Zweimal grün. Aber nicht mehr lange, denn jetzt wird sie die beiden größten Einkäufe des Monats hinter sich bringen: Die Prepaidkarte für ihr Handy muss aufgeladen werden: 40 Euro für Internet und SMS und Telefonieren, 36 Euro für die Monatskarte der BVG, Sozialtarif.

Am 1. März um 17.25 Uhr hat Susanne Müller 182,85 Euro im Portemonnaie, einmal grün. Auf dem Weg nach Hause klingelt ihr Handy. Sie holt ihr iPhone aus der Tasche, gebraucht gekauft vor zwei Jahren. Für 350 Euro. Ihr altes Handy hatte sie verkauft, es war ein iPhone 3 und brachte ihr 245 Euro. Susanne hätte gern ein iPhone 5. Seit Wochen sucht sie nach einem günstigen gebrauchten und nach einem Käufer, der ihr iPhone 4 kauft, möglichst teuer.

Susannes Freund Jens ist jetzt am Telefon, sie ist seit vier Jahren mit ihm zusammen. Jens ist Lehrer. Er fragt Susanne, wie es ihr geht. "Super!", sagt Susanne. Jens möchte seine Freundin zum Essen einladen, heute Abend. Susanne lehnt ab, denn heute Abend gibt es bei ihr Bratkartoffeln. Sie fragt ihn nicht, ob er kommen mag, um mit ihr zusammen die Bratkartoffeln zu essen. Später wird sie sagen: "Ich brauche viel Zeit für mich. Heute Abend möchte ich allein sein." Jetzt sagt sie: "Morgen gern, Jens." Jens ist einverstanden.

Morgen ist Samstag, das Wochenende verbringen Jens und Susanne zusammen. Er fragt, wo Susanne morgen essen möchte. Sie möchte zum "Block House". "Einmal im Monat Steak – das ist Luxus." Nächste Woche wird sie Jens einladen, aber nicht ins Restaurant. Sie wird für ihn kochen. "Damit sind wir dann quitt", sagt Susanne. Und dabei schaut sie so triumphierend, als hätte sie es mit dem Satz "Wir sind quitt" allen gezeigt. Ihrem Freund, ihrer Mutter, ihrem Bruder – allen, die an ihrer Lebensführung etwas auszusetzen haben, hat sie mit dem Satz "Wir sind quitt" bewiesen, dass sie, Susanne Müller, weder eine Schmarotzerin ist noch ein Versagerin und schon gar keine Betrügerin.

Sie vermisst es zu reisen

Früher verreiste sie gern. Seit sie hartzt, reist sie nicht mehr. Dazu reicht "ihr Geld" nicht. Schwarz arbeiten, was dazuverdienen? Susanne schaut verständnislos. "Ich will nicht arbeiten." Sie vermisst es zu reisen. Aber wenn sie abwägt, eine Reise, eine Traumreise sogar, gegen den "Verlust meiner Freiheit", dann fällt ihr die Entscheidung leicht: keine Reise. Natürlich lässt sie sich auch nicht zu einer Reise einladen. Jens hat es oft angeboten. Sie sagt Nein, aus Prinzip. Ein Lottogewinn, der Jackpot – das wäre okay. Den würde sie nehmen und eine Weltreise machen. Ansonsten weiterleben wie jetzt. Susanne spielt kein Lotto.

Im Herbst 2004 machte sie ihren letzten Urlaub. Sie reiste in die Wüste, es war ihr fünfter Wüstenurlaub. Danach reichte sie die Kündigung ein. Ein Versicherungsunternehmer verlor "eine wertvolle Mitarbeiterin. Susanne Müller verließ das Unternehmen auf eigenen Wunsch." Das steht in ihrer Beurteilung. Ihr Chef hat sich Mühe gegeben. Er schrieb nur Bestes über sie. Susanne hat die Beurteilung noch nie gebraucht.

Ihr Jobcenter erwartet Bewerbungsnachweise, und es kriegt sie. Susanne weiß genau, wie eine Bewerbung aussehen muss, die jeder Arbeitgeber ablehnt. Kein Anschreiben, keine Zeugnisse. Ein lückenhafter Lebenslauf, Rechtschreibfehler.

Die letzten zehn Jahre, ihre große Hartz-Pause, legt sie ausführlich dar. Sie wurde noch nie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. So stellt Susanne alle zufrieden. Den potenziellen Arbeitgeber, der eine vermeintlich Asoziale nicht einstellen muss. Das Jobcenter, weil eine Langzeitarbeitslose ihren Willen unter Beweis stellt. Sich selbst. Weil sie sich mit der Demonstration ihres Arbeitswillens den nächsten freundlichen Bewilligungsbrief vom Jobcenter sichert.

Keine Lust zum Arbeiten

Das Jobcenter ist freundlich zu Susanne, aber es foltert auch. Umschulungen. Weiterbildungen. Qualifizierungskurse. Einmal im Jahr macht sie die Maßnahme, die ihr Berater vorschlägt. Englischkurse, Managementkurse, Buchhaltungskurse, Stadtentwicklungskurse, Computerkurse. "Wenn ich Nein sage, kürzt er mein Geld." So blöd sei sie nicht. Für das, was sie "ihre Freiheit" nennt, bringt sie Opfer. Susanne Müller ist clever. Sie hat Kraft und Talent. Sie hat nur keine Lust zum Arbeiten. Und auch kein schlechtes Gewissen.

Um 17.15 Uhr schließt Susanne Müller ihre Wohnungstür auf. Sie freut sich auf ihre Wohnung, sie kommt gern nach Hause. Anderthalb Zimmer, 44 Quadratmeter groß und kalt. 15,5 Grad zeigt das Thermometer, ein Kombigerät mit Innen- und Außentemperaturanzeige, Uhrzeit, Wecker, Luftdruck und -feuchtigkeit. Ein Sonderangebot bei Rewe, 19,99 Euro. Das Thermometer steht da, wo bei anderen Leuten der Fernseher stehen würde. Wenn Susanne auf ihrem Sofa liegt und hinausschaut in die Sonne oder in den Regen von Berlin, dann streift ihr Blick den Kasten mit den Wetterdaten. Susanne hat keinen Fernseher.

Sie friert auch nicht. Sie hat einen Pullover übergezogen. Wegen Thilo Sarrazin? "Wer ist Thilo Sarrazin?", fragt sie und lächelt nicht. Sie kennt Thilo Sarrazin nicht, den Berliner Senator, der 2008 armen Berlinern empfahl, einen Pullover anzuziehen, anstatt die Heizung auf Kosten der Steuerzahler aufzudrehen.


ich Glaube ich bin bescheuert. Ok es gibt dumme nämlich ich !! Ich will Arbeiten, versuch mich zu drücken dass ich zum Arzt gehe nicht dass der auf andere Gedanken kommt und sagt ich könne nicht Arbeiten. Ich bin zwar nicht zu 100% Fit aber irgendwas geht immer. Die Olle hat gute Chancen zum Arbeiten( und kommt mir jetzt ja nicht dass es keine Arbeit gibt daher ;) es gibt zwar wenig aber es gibt sie noch die gute Arbeit. Die Dame braucht keinen Luxus ich auch nicht aber ich will arbeit und sie hätte Arbeit gehabt und wollte nicht ich höre jetzt lieber auf weil mir der Kragen platzt.Sie ist KEIN einzelfall. Sind nicht alle so aber ich tippe schon auf Tausende
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Re: Hartz IV: Eine Million Strafen erwartet

Beitragvon Livia » So 21. Apr 2013, 14:53

Wen wunderst denn, wenn das in Deutschland möglich ist ? Ich bezweifle zwar sehr dass das der Wahrheit entspricht. Wenn doch, müsste da etwas geändert werden.
Viele Leute würden bereitwillig zugeben, dass sie sich langweilen; aber kaum einer würde zugeben, dass er langweilig ist.

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Re: Hartz IV: Eine Million Strafen erwartet

Beitragvon AlexRE » So 21. Apr 2013, 17:21

Caloderma hat geschrieben:Wo solle ich auch meinen Reichtum hintun ?


Das ist kein Problem. Wenn man zuviel Geld hat, findet sich leicht ein Anlageberater ...

http://www.zeit.de/2009/20/Abzocker
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Re: Hartz IV: Eine Million Strafen erwartet

Beitragvon maxikatze » So 21. Apr 2013, 18:31

Caloderma hat geschrieben:
Livia hat geschrieben:Wen wunderst denn, wenn das in Deutschland möglich ist ? Ich bezweifle zwar sehr dass das der Wahrheit entspricht. Wenn doch, müsste da etwas geändert werden.



Geld im Leben ist eben nicht alles. das geht mir genauso. Warum sich kaputt machen ? wir leben nunmal nur EINMAL. Wo solle ich auch meinen Reichtum hintun ? Wer weiß, ob unsere Konten morgen nicht schon dicht sind wie in Zypern ? Dieser Drecksack Schäuble wird das uns nicht auf die Nase binden.



Was machst du, wenn plötzlich alle diese Einstellung haben? Wer alimentiert dich dann?
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Re: Hartz IV: Eine Million Strafen erwartet

Beitragvon Sonnenschein+8+ » So 21. Apr 2013, 20:45

Livia hat geschrieben:Wen wunderst denn, wenn das in Deutschland möglich ist ? Ich bezweifle zwar sehr dass das der Wahrheit entspricht. Wenn doch, müsste da etwas geändert werden.


Weißt du Livia, es sind nur ein Paar Faule S.... die so denken und leider sieht natürlich die Öffentlichkeit dann als ob wir alle so wären. Das Problem ist auch, das die Vollpfosten so angeben und übertreiben dass man wieder auf den rest der H4 ler/inen los geht ohne wirklich nachzudenken, was sie mit so einem sch.. bezwecken.
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