Evvalt
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Polizeibekannter Täter.
https://www.youtube.com/watch?v=arS08gohZGc---
thom
"nach dem, was hier steht, ist der 2. fall auch notwehr.
abgesehen davon gibt das gesetz dem gericht einen gewissen entscheidungsspielraum, dafür gibts ja dann mehrere instanzen."
Der Instanzenzug ist ein schwacher Trost, wenn die höchste Instanz - in Deutschland der Bundesgerichtshof für Strafsachen - sich in einer geradezu dramatischen Rechtsfrage von Leben und Tod wie dem Notwehrrecht hoffnungslos in Widersprüche verstrickt.
Der 1. Senat des BGHSt hat das nachgerade irrwitzige Fehlurteil des LG München gegen den Informatikstudenten Sven G., nach dem ein Messerstich gegen den Vorturner eines typischen Schläger / Tottreter - Mobs angeblich eine Überschreitung des Notwehrrechts sein, bestätigt und nur wegen der (genauso irrwitzig fehlerhaft bemessenen) Strafhöhe zurückverwiesen.
Der 2. Senat desselben BGHSt hat später ein Urteil des LG Koblenz, nach dem ein Todesschuss durch eine noch geschlossene Tür ohne vorherigen Warnschuss eine Überschreitung des Notwehrrechts sei (was selbstverständlich richtig ist), aufgehoben und den Täter (einen Hells Angel) freigesprochen, weil der Warnschuss angeblich die "Kampfposition" des Verteidigers (bei noch nicht vollständig aufgebrochener Tür!) "unzumutbar" verschlechtern würde.
Das heißt bei gemeinsamer Würdigung beider Urteile im Ergebnis: In Deutschland ist es eine reine Frage des Wohnorts bzw. Tatorts und damit der Zuständigkeit von Landgerichten und BGH - Senaten, ob man in einer tatsächlichen oder mutmaßlichen Notwehrsitutation blindwütig herumballern darf oder ob man noch nicht mal das Minimum an notwendigen Verteidigungsmitteln zur Verfügung hat, um das eigene Leben oder das Dritter zu retten, ohne dafür kriminalisiert zu werden.
Die so geschaffene totale Rechtsunsicherheit in existentiellen Fragen spiegelt also das Wirken der heutigen Juristengeneration in Deutschland wider. Das passt zu Politikern und Managern, die bei Großprojekten Milliarden versenken und zu Lehrern, die aus dem high tech - Standort Deutschland das Pisa - Schlusslicht gemacht haben. Dekadenz und Verrottung, wohin man blickt.
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strathmann
2789 Beiträge
Schießwütige, senile Gartenzwerghalter genießen also Narrenfreiheit, solange keine "milderen" Mittel zur Verfügung stehen? M.E. ist hier sowas wie ein Amoklauf eines Greises zu beurteilen, der die Knarre bereits in Erwartung von "Besuchern" griffbereit gehalten hat. "Mildere Mittel" sind wohl üblicher als Schusswaffen. Die Verhältnismäßigkeit der Mittel sollte auch von Staatsanwaltschaften gelegentlich berücksichtigt werden.
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In dem Fall waren die beteiligten Juristen ja unterschiedlicher Meinung. Der zuerst zuständige Staatsanwalt wollte keine Anklage erheben, weil er von Notwehr ausgegangen ist, der Generalstaatsanwalt wollte dann auf die Beschwerde der Familie des getöteten Räubers hin wegen Überschreitung des Notwehrrechts Anklage erheben, die dann vom Landgericht Stade, das sich der Meinung des 1. Staatsanwalts angeschlossen hat, nicht angenommen wurde.
Es ging darum, dass die Räuber im Augenblick der Todesschüsse schon auf der Flucht waren und keinerlei Bedrohung für Leib und Leben des Rentners mehr bestand - wohl aber für sein Eigentumsrecht, weil der getötete Räuber die gesamte Beute von 2000 Euro bei sich trug.
Am Ende hat den Ausschlag gegeben, dass das tatsächlich bestehende deutsche Notwehrrecht (nicht das im LG - Bezirk München praktizierte) auch im internationalen Vergleich* extrem verteidigerfreundlich ist. Wenn kein milderes Mittel zur Verfügung steht, darf man grundsätzlich auch Eigentum mit tödlichen Mitteln verteidigen, wenn es sich nicht gerade um Bagatellbeträge handelt. Nur im letzteren Fall wären die tödlichen Mittel unverhältnismäßig ("nicht geboten" laut § 32 StGB).
*Man sollte es kaum glauben, aber sogar in den gewaltverliebten USA gibt es Einschränkungen für Notwehrübende, die es im deutschen Recht nicht gibt. Wenn es ohne Eigengefährdung möglich ist, sich zurückzuziehen und die Polizei zu rufen, darf man nach der US - Rechtssprechung nicht so locker von der Schusswaffe Gebrauch machen wie nach der deutschen (nach der kein Rückzug vor einer kriminellen Aggression = "Bewährung der Rechtsordnung" bedeute). Eine Ausnahme ist in den USA nur die "stand by your ground" - Regelung, nach der solche Einschränkungen nicht für Hausherren (oder überfallene Autofahrer in ihrem eigenen Fahrzeug) gelten. Nach dem deutschen Notwehrrecht gibt es solche Einschränkungen überhaupt nicht.