Aktuelles:_Thema_des Tages

[AlexRE]

http://www.derwesten.de/staedte/hattingen/aus-dem-gerichtssaal-ins-standesamt-id6893672.html

Kein Wunder, dass niemand mehr bei Gewalt in der Öffentlichkeit einschreiten will. Solche Leute verbünden sich dann möglicherweise noch gegen den Schlichter.

[Uel]

zu

Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon GasGerd » Di 17. Jul 2012, 11:42

"Seehofer"

Nehmerland_Geberland
http://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%A4nderfinanzausgleich
Vorgestern (17.07.12) hat Bayern beschlossen, gegen den Finanzausgleich Klage einzureichen. Bayern hat bis zum Jahr 1986 Geld aus dem Länder-Finanz-Ausgleich bekommen, siehe obige Quelle. Inflationsbereinigt bis ins Jahr 2008 haben folgende Länder (in Reihenfoge) mehr eingezahlt als Bayern: Baden-Württemberg, Hessen, NRW und Hamburg. Die Spitzennehmer absolut sind Berlin und Niedersachsen, das dann folgende Rheinland-Pfalz hat nur halb soviel bekommen.

Dass das Klagegeschrei gerade jetzt gewagt wird, hat mehrere Ursachen:
- Seehofer ist unter Druck und muss mal wieder zündeln, weil man von ihm erwartet, die CSU im nächsten Jahr wieder alleinregierend aus der Wahl zu führen und es sieht heute noch überhaupt nicht danach aus, und ein bisschen Vorlauf braucht man schon, wenn man das Ganze noch drehen will. Wie kann man das besser erreichen, als wenn man sich als der Robin Hood aller Bayern aufspielt, der das Ausplündern der armen Bayern durch die schlechten Sheriffs aus andern Bundesländern und Berlin verhindern will. Den können doch dann wirklich alle Bayern wieder wählen. Fürstens haben früher Kriege gegen das Ausland vom Zaun gebrochen, wenn die Gefolgschaft drohte zu zerbröseln und man von Schwierigkeit im eigenen Land ablenken wollte, Seehofer kämpft nun gegen Berlin und die ärmeren Bundesländer.
- Gegen Mekel hat er seine Möglichkeiten schon relativ ausgereizt (Koalitionsfrage stellen wollen), und es hat wenig gebracht.
- Der Röttgen-Blattschuss durch Seehofer hat wenig anhaltende Sympatiewerte gebracht.
- Da Bayern in den letzten Jahren immer mehr Geld durch seine blendende wirtschaftliche Situation in den Ausgleichstopf stecken musste (hat den ewigen Spitzenreiter BW überholt) scheint Handlungsbedarf. BW konnte das jahrzehntelang erdulden, die Spezis und Amigos aus Bayern können das natürlich nicht.
- Die Stimmung in der Bevölkerung im Entsolidarisiern ist gerade günstig, warum soll man das, was die Bildzeitung gegen Griechenland betreibt und mental so schön vorbereitet hat, nun durch die CSU nicht stimmungsmäßig ausnutzen und dies auch gegen die Armenregionen der reichen BRD leisten können?
Zu Bayern
laut Wiki: >>Das bedeutet, dass sich etwa jeder vierte deutsche Beherbergungsbetrieb in Bayern befindet. Insgesamt entfallen 18,5 Prozent der touristischen Wertschöpfung in Deutschland auf Bayern. <<< Wenn man also eine begnadete Landschaft als Selbstläufer abbekommen hat und nicht mit dem platten Münsterland vorlieb nehmen muss, so ist die Wertschöpfung des Tourismus dem geschuldet und nicht dass die Bayern die fleißigeren Leute sind, wie uns Seehofer glauben machen will.

Land:___________________________Ba-Wü______ Bay______NRW______BRD
BIP in Mrd. €_____________________352,6_______434,1____529,8______2.423,0
Pro Kopf-Verschuldung in €__________4'109_______1'857_____6'398______18'113

http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Bundesl%C3%A4nder

Trotz aller Unkenrufe ist nicht Bayern sondern NRW die von der Gesamtleistung größte Länder-Volkswirtschaft in der BRD und die Verschuldung ist zwar höher als in den "Musterländles", aber im Vergleich zu dem, was uns die Bundesregierung so alles zumutet doch überschaubar.
Der Finanzausgleich aber wird nicht durch die schiere Wirtschaftsgröße sondern die Steuerkraft der Länder begründet, und da kann es schon sein, wenn sich die Reichen Deutschlands nicht im Ruhrgebiet sonden lieber in München und seinem Umfeld wie den Starnberger- und sonstigen Alpseen ansiedeln, dass die Steuerkraft Bayerns unverhältnismäßig hoch ist. Die Schweiz-Rückkehrer sollen sich ja auch am liebsten im Münchener Raum wiederansiedeln.

Auch das Argument, weil NRW und andere keine Studiengebüren erheben würden, wäre die Situation so angespannt ist abwegig. Gerade weil absetzbare Studiengebühren in NRW fehlen, sind die Besteurungsmöglichkeiten von Eltern und Studenten gestiegen im Gegensatz zu Bayern wo die Studiengebühren das besteurungsfähige Einkommen von Studenten und deren Eltern gerade verringert. Sollen sie doch die Studiengebühren abschaffen, dann müssen sie noch mehr in den Steuer-Finanzausgleich stecken. Vielleicht bezahlen die Bayern auch deshalb so viel, weil sie das Prinzip des Finanzausgleichs nicht verstanden haben oder hatten (bei der letzten Reform).

Aber eines finde auch ich beim Gewichten problematisch: den veredelten Steuerbürger, in den Stadtstaaten und den östlichen Bundesländern, denn der ist angeblich bis 1,35 mal wertvoller, als das "normale Landei".

[Uel]

Re: Aktuelles:_Thema_des Tages von GasGerd » Mi 18. Jul 2012, 13:18

"Erstmal nachdenken hier bitte:
Eine Anklage der Familie Schlecker schreckt jeden Investor in Deutschland ab, hier auch nur eine müde Mark (bzw. noch Euro) in ein Unternehmen zu investieren."

... schon interessant wie viele Sympathisanten Kriminelle inzwischen im Volke haben und wie selbstverständlich redliche Unternehmer (die hoffentlich noch der Regelfall sind) und kriminelle Unternehmer gleichgesetzt werden.

Was mich immer wieder fasziniert ist, dass man bei Reichen angeblich nicht neidisch sein darf (hat uns Genschman eingebläut, als er noch Talkshow Stammgast war) bei Armen (z. B. Harz IV) aber keinerlei Neid- und Diffamierungshemmungen kennt (hat uns die Ypsilanti-Zeitung antrainiert).
Da sind in der Natur selbst Aasgeier die Intelligenteren: Die verfolgen immer diejenigen Kumpanen, die die größten Stücke der Beute abschleppen wollen, insbesondere wenn das Gewicht die Flugfähigkeit wesentlich einschränken sollte. Der mit dem kleinen Stück kommt ungeschoren weg, denn bis man den erreicht hat, hat er seinen Teil schon verschlungen. Die Natur ist so wahnsinnig faszinierend ökonomisch. Unnützer Kraftaufwand ist bei den Jägern in der Natur ein Aussterberisiko!

Beispiel kürzlich diskutierter Reichensteuer: da fängt man nicht bei den ganz großen Brocken an sondern will die Jäger durch die Jagd auf mittelgroße Brocken ermüden.

[AlexRE]

Re: Aktuelles:_Thema_des Tages von GasGerd » Mi 18. Jul 2012, 13:18

"Erstmal nachdenken hier bitte:
Eine Anklage der Familie Schlecker schreckt jeden Investor in Deutschland ab, hier auch nur eine müde Mark (bzw. noch Euro) in ein Unternehmen zu investieren."

... schon interessant wie viele Sympathisanten Kriminelle inzwischen im Volke haben und wie selbstverständlich redliche Unternehmer (die hoffentlich noch der Regelfall sind) und kriminelle Unternehmer gleichgesetzt werden.

Der web.de / gmx - Teilnehmer hat von Gerd ja die passende Antwort bekommen. Wenn Wirtschaftskriminalität auch der ganz Großkopferten ernsthaft verfolgt wird, ist das mitnichten abschreckend für alle Investoren. Nur die mit kriminellen Plänen suchen sich leichtere Opfer in anderen Teilen der Welt, für Investoren mit legalen Plänen ist ein funktionierendes Rechtssystem immer ein bedeutendes Argument für den betreffenden Standort.

Übrigens wird gegen Schlecker derzeit zwar ermittelt, es gibt aber noch keine Anklage und erst recht kein Urteil. Ich halte mich deshalb in dem Fall mit eigenen Wertungen zurück.

[AlexRE]

Was wir von unternehmensfinanzierten wirtschaftswissenschaftlichen Instituten zu halten haben, wissen wir ja mittlerweile alle. Aber jetzt macht sich auch im universitären Zentrum des Wissenschaftsbetriebes Blendwerk breit:

Mannheimer BWL-Professor im Zwielicht

In Arbeiten des Mannheimer Ökonomen Ulrich Lichtenthaler sind gravierende Fehler aufgetreten. Zeitschriften ziehen Studien zurück. Die Privathochschule, an der Lichtenthaler habilitierte, ist über die Vorwürfe schockiert

http://www.handelsblatt.com/politik/deu ... 95802.html

[Uel]

... schon bizarr, dieses Uni-Ranking, wo fast jede Aufsteiger und Absteiger-Uni durch Ab- und Anwerben von Professoren anderer Unis ihren Erfolg oder Misserfolg erntet. Es geht da zu, wie bei Fußball-Clubs, wo die Spitzenstars abgekauft werden. Zum Wohle der Finanzausstattung der betroffenen Unis sollte man unbedingt schnellstens hohe Ablösesummen einführen.

Auch scheint es nicht darum zu gehen, wer eine neue brilliante Idee oder Prinzip entdeckt, sondern wieviel Tonnen Papier an neuen Veröffentlichungen man kontinuierlich in die Welt kotzt.

Nicht immer aber sehr oft ist weniger in Wahrheit mehr.

[GasGerd]

Der deutsche Favorit für den olympischen Diskus - Wettbewerb beklagt sich über sein Einkommen:

http://www.gmx.net/themen/olympia/deutschesteam/389fi6a-olympia-favorit-harting-fuehlt-unterbezahlt

... und bekommt von einem Funktionärs - Seilschafter die heutzutage übliche abbügelnde Antwort:

"Thomas Bach, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), hatte Kritik an den seit Jahren unveränderten Prämien von 15 000 Euro für deutsche Goldmedaillengewinner jedoch zurückgewiesen. "Das Fördersystem ist nicht darauf ausgerichtet, dass einem Olympiasieger eine lebenslange Versorgung garantiert ist", sagte er."

Natürlich nicht, eine lebenslange Versorgung oder auch nur ein Minimum an echter Alterssicherung ist in Deutschland für keine Art von echten Leistungsträgern vorgesehen.

Sowas ist bei uns nur für die Seilschafter der Bonzokratie des Parteibuch- und Finanzestablishments vorgesehen, also u. a. für Herrn Bach. Von denen hat keiner mehr was mit Wettbewerb oder Leistung in irgendeinem Sinne zu tun.

Aus Macht wird in diesem dekadenten Staat automatisch viel Geld, während Leistungsträger Kostenfaktoren sind, die um jeden Preis gedrückt werden - auch wenn dieser Preis der Anfeindung von Leistungträgern durch Machtinhaber langfristig ruinös hoch ist.

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"Und noch eine Parallele: Für die Milliarden, die Bosse und Bankster in den Sand setzen, haften alle ehrlichen Steuerzahler, die Millionengehälter der Profikicker müssen alle Fernsehzuschauer über die Gebühren mitfinanzieren."

Richtig.

Geldströme durch Zwangsabgaben = Reichtum durch die Gunst der öffentlich - rechtlichen Bonzen anstatt durch die Gunst des Publikums = Reichtum wird durch willkürliche Gestaltungen der Mächtigen erzeugt und nicht durch Leistung.

Überall dasselbe. Das ist keine freie Marktwirtschaft mehr (von sozial ganz zu schweigen), das ist Feudalismus.

http://meinungen.gmx.net/forum-gmx/post/15786545?sp=203#jump

http://meinungen.gmx.net/forum-gmx/post/15786545?sp=217#jump

[AlexRE]

Morgen steht - nach allgemeiner Auffassung - eine Entscheidung des BVerfG von historischer Bedeutung an:

Weniger Stimmen, mehr Sitze: Überhangmandate verzerren zunehmend den Willen der Bürger. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet am Mittwoch, ob Deutschlands Wahlrecht dem Grundgesetz entspricht. Und diesmal werden die Richter darauf drängen, dass ihre Entscheidung rasch umgesetzt wird.

http://www.sueddeutsche.de/politik/bundesverfassungsgericht-zum-wahlgesetz-geburtsfehler-vor-gericht-1.1421395

Nach meiner Auffassung ist das Urteil allerdings nicht so wahnsinnig bedeutend:

(...)

Die Wiedervereinigung brachte mehr Überhangmandate

Dann brachte die Wiedervereinigung eine Wende in der Geschichte der Überhangmandate. 16 solcher Sitze fielen bei der Bundestagswahl 1994 an, vier Jahre später waren es 13, im Jahr 2005 wiederum 16 und vor drei Jahren sogar 24. Neuer Rekord, und womöglich nicht der letzte: Experten prognostizieren wegen der veränderten Parteienlandschaft weitere Steigerungen. Schon 1997 entschied Karlsruhe erneut, es wurde ein denkwürdiges Urteil. Der Zweite Senat spaltete sich - genau entlang der Parteilinie. Die vier von der SPD benannten Richter wollten die Überhangmandate kippen; die vier auf dem Unionsticket gewählten Richter hielten sie für zulässig - und setzten sich durch, weil nur eine Richtermehrheit Gesetze für grundgesetzwidrig erklären kann.

(...)

http://www.sueddeutsche.de/politik/bundesverfassungsgericht-zum-wahlgesetz-geburtsfehler-vor-gericht-1.1421395-2

Vier "SPD - Richter", vier "CDU-Richter", diese Verhältnisse beim BVerfG sind letztendlich ebenso Ausdruck einer "Verfassungsdemokratie light" wie von Parteibossen über Wahllisten eingesetzte Abgeordnete, die zur Abstimmung über das Jahrtausendwerk EU - Verfassung schreitend keine Ahnung haben, was da drin steht.

Solange wir keine wirklich unabhängigen Abgeordneten und höchste Richter haben, ist das Gezerre um die Überhangmandate nur absurdes Theater - so absurd wie ein Krebspatient, der sich ständig nur über die kosmetische Kaschierung der Nebenfolgen der Chemotherapie den Kopf zerbricht.

Übrigens ist das "progressive Lager" wegen der Regel, dass Verfassungsbeschwerden bei Stimmgleichheit im zuständigen Senat scheitern, gegenüber den Konservativen strukturell benachteiligt. Es ist schon fast erstaunlich, dass das bei den Parteiproporzexperten noch nie ein großes Thema war.

[Uel]

Wahlrecht: man hat entschieden

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/wahlrecht-verfassungsgericht-zwingt-bundestag-zur-reform-der-reform-a-846338.html

jetzt darf man die Ärmel hochkrempeln!

[AlexRE]

Wahlrecht: man hat entschieden

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/wahlrecht-verfassungsgericht-zwingt-bundestag-zur-reform-der-reform-a-846338.html

jetzt darf man die Ärmel hochkrempeln!

Dazu habe ich mittlerweile einen gesonderten thread angelegt:

viewtopic.php?f=17&t=972