Insolvenzen durch Bankenwillkür

Hier wird das wirtschaftspolitische Profil für die Zeit nach der 2. Parteigründung diskutiert.

Insolvenzen durch Bankenwillkür

Beitragvon Ricarda » Mi 12. Jan 2011, 17:30

Es wird immer wieder über das Recht auf ein Girokonto diskutiert und darüber, dass es nur eine Selbstverpflichtung der Banken gibt und im Einzelfall Konten gekündigt oder neue Konten verweigert werden. Da es eine Vielzahl unterschiedlicher Fallgestaltungen gibt, sollte sehr genau differenziert werden, um welchen Aspekt es geht.

Differenziert werden sollte zunächst nach folgenden Aspekten:

zunächst einmal ist jeder einzelne Fall zu untersuchen und danach aufzuschlüsseln, was eigentlich gewollt war und was verweigert wird.

1.Einrichtung eines Guthabenkontos

war noch gar kein Konto vorhanden oder wollte der Kunde zu einer anderen Bank wechseln, die ihn nicht haben wollte? Mit welcher Begründung wurde die Eröffnung verweigert=


2.P-Konto

Wurde die Umwandlung eines bestehenden Kontos verweigert oder sollte ein neues Konto direkt als P-Konto eingerichtet werden? Ist die Kostenstruktur beim P-Konto ungünstiger.


3.Konto, das weder Guthaben- noch P-Konto ist

Ging oder geht es um ein anderes Konto, z.B. eines, das Überziehungen und Bankeinzug ermöglicht?
Bestand ein solches Konto oder besteht ein solches Konto oder soll es neu eingerichtet werden? Wurde ein solches Konto irgendwann gekündigt?
Mit welcher Begründung? Wurde dagegen vorgegangen? Wenn ja, wie? Erfolgte vielleicht die Kündigung der Kreditlinie zur Unzeit? Hat der Betroffene sich gewehrt?
Hat er Rechtsmittel ausgeschöpft? Bestehen noch Rechtsschutzmöglichkeiten?

Es wäre interessant, verschiedene Fälle der Kontoverweigerung detailliert zu untersuchen und festzustellen, weshalb die Verweigerung erfolgte. Nur dann wird es möglich sein, konkrete Fallgestaltungen herauszuarbeiten und ggfs. Musterverfahren durchzuziehen, in denen dargelegt werden kann, dass die Selbstverpflichtung nicht ausreicht.
Ricarda
 

Re: Insolvenzen durch Bankenwillkür

Beitragvon AlexRE » Mi 12. Jan 2011, 17:42

Ricarda hat geschrieben:Erfolgte vielleicht die Kündigung der Kreditlinie zur Unzeit?



Das kommt tatsächlich manchmal vor, Banken maßen sich gelegentlich an, "Marktbereinigung" über eine vertragswidrige Kündigungen der Kreditlinie von Geschäftskunden zu betreiben.

Dabei riskiert die Bank allerdings, für die Folgen (im Falle einer Insolvenz also in ganz erheblichem Ausmaß) Schadensersatz leisten zu müssen:

http://www.bankrecht-ratgeber.de/bankrecht/kredit/kredit_07_04.html
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Insolvenzen durch Bankenwillkür

Beitragvon Uel » So 16. Jan 2011, 19:58



@Ricarda, @Alex,

in diesem Zusammenhang muss auch mal das immer wieder durch Diskussionen geisternde Hausbank-Prinzip beleuchtet werden.

Kann es sein, Alex, dass Banken ihre größeren Kredite, die sie einem größerern Mitbewerber gewährt haben, damit absichern, dass sie kleinere Kredite an kleinere Wettbewerber der gleichen Branche plötzlich fällig stellen, um den Markt für ihr größeres Engagemant zu bereinigen?

Oder anders: kann eine einzelne Bank gleichzeitig wirklich Treuhänder in Finanzdingen für 2 Konkurrenten sein?
Liebe Grüße
von Uel

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Re: Insolvenzen durch Bankenwillkür

Beitragvon AlexRE » Mo 17. Jan 2011, 02:14

Uel hat geschrieben:Oder anders: kann eine einzelne Bank gleichzeitig wirklich Treuhänder in Finanzdingen für 2 Konkurrenten sein?



In Deutschland ist es sogar legal, dass eine Bank die Konten der Konkurrenten eines Unternehmens führt, an dem sie selbst mit eigenen Unternehmensanteilen beteiligt ist. Das ist international keineswegs üblich, in den USA z. B. ist so etwas verboten.

Ich war im Jahre 1993 Rechtsabteilungsleiter eines Großhandelsunternehmens, das sich den gesamten deutschen Markt mit 4 Wettbewerbern teilte. Alle 5 (!) Unternehmen hatten dieselbe Hausbank, an einem davon war die Bank beteiligt. Mein Chef ist dann als Einziger in diesem edlen Club auf die Idee gekommen, vor Weihnachten die Preise zu senken und die permanenten Anrufe der Wettbewerber zwecks Preisabsprachen mit frechen Antworten abzuwimmeln, er wollte Marktanteile hinzugewinnen. Das war`s dann, die Hausbank hat ihm die Kreditlinie zur Unzeit gekündigt und ihn aus dem Ring genommen. Da er noch genug Geld außerhalb der insolventen GmbH hatte, um neu durchzustarten, hat er auch nicht geklagt. Dann hätte er nämlich trotz eindeutiger Rechtslage zu seinen Gunsten kein neues Unternehmen gründen können, sondern sein gesamtes Restgeld für einen jahrelangen - vielleicht auch jahrzehntelangen - Prozess aufwenden müssen. Das weiß auch jede Bank ganz genau und plant die voraussichtlich für sie folgenlosen rechtswidrigen Aktionen entsprechend unter Einbeziehung dieser absehbaren Überlegungen und vorhersehbaren Neugründung eines Unternehmens durch den Geschädigten, die nur durch Verzicht auf die Wahrnehmung der eigenen Rechte möglich ist.
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Re: Insolvenzen durch Bankenwillkür

Beitragvon Ricarda » Mo 17. Jan 2011, 14:19

Es gibt sicherlich auch noch weitere Aspekte, die im Zusammenhang mit Banken näher durchleuchtet werden sollten.

Das ließe sich am besten dadurch fördern, dass konkrete Fälle von Personen, die ihre Rechte durchfechten wollen, bekannt werden und dass wir diese vielleicht gemeinsam durchfechten können.

Solange allgemein bestimmte Missstände beklagt werden, kommen wir nicht wesentlich weiter. Zum Beispiel die Forderung nach einem Rechtsanspruch auf ein Girokonto wegen einer versagenden Selbstverpflichtung können wir nur dadurch untermauern, dass dieses Versagen an einem konkreten Fall demonstriert werden kann.

Das gleiche gilt, wenn es um Kreditkündigungen zur Unzeit geht. Da brauchten wir nach Möglichkeit konkrete Fälle, anhand derer sich zeigen lässt, welche fragwürdigen Erwägungen zu bestimmten Aktivitäten der Bank und dadurch möglicherweise zur Existenzgefährdung oder -vernichtung eines Selbstständigen geführt haben.

Von den verschiedentlich erwähnten "zahlreichen Betroffenen" scheint sich bislang kein einziger bereit gefunden zu haben, seine Interessen gerichtlich durchzufechten - oder wenn das einer getan hat, dann hat er das allein getan und ist möglicherweise - wie ja auch bei Versicherungen üblich - durch Vergleich vor einem nachteiligem Urteil ruhig gestellt worden.

Also entweder gibt es die zahlreichen Betroffenen nicht oder die haben alle Interesse daran, die Einzelheiten ihrer Kontroversen mit der Bank nicht an die Öffentlichkeit zu bringen.- mag sein, dass da Details zutage treten würden, die das Handeln der involvierten Bank nicht mehr ganz so unverständlich erscheinen ließen.
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Re: Insolvenzen durch Bankenwillkür

Beitragvon GasGerd » Di 18. Dez 2012, 10:35

Die Schadensersatzprozesse werden langsam teuer für die Deutsche Bank:

"2009 war der Konzern zusammengebrochen. Sal. Oppenheim wurde im Zuge der Krise von der Deutschen Bank übernommen. In einem gesonderten Verfahren müssen sich die früheren Chefs des Bankhauses nächstes Jahr wegen besonders schwerer Untreue verantworten."

Da ist ja wahrlich zusammengewachsen, was zusammengehört. Wenn zu dem selbst verursachten Schadensersatzpflicht in Milliardenhöhe gegenüber der Kirch - Gruppe auch noch eine mit Sal. Oppenheim aquirierte Last in ähnlicher Höhe hinzukommt, reicht das gesamte Volumen vielleicht diesmal aus, dem Publikum hochnäsige "Peanuts" - Sprüche der Oberbanker zu ersparen.

Andererseits: Wenn diese Herrschaften nicht nur für den Schaden aufkommen müssten, den sie den "besseren Kreisen" der Gesellschaft zugefügt haben, sondern auch alle von ihnen kaputtgemachten kleinen und mittleren Unternehmen bezahlen müssten, wären die privatwirtschaftlich verfassten Geldinstitute Geschichte und wir hätten eine rein staatliche Geldverwaltung und Kreditwirtschaft.


http://meinungen.gmx.net/forum-gmx/post/17149378?sp=56#jump
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Re: Insolvenzen durch Bankenwillkür

Beitragvon AlexRE » Di 18. Dez 2012, 22:30

Anlässlich der aktuellen Serie von Verfahren gegen die Deutsche Bank werden Forderungen nach einer Modernisierung des deutschen Wirtschaftsstrafrechts laut, das derzeit keine Strafen gegen Unternehmen kennt und nach Meinung vieler Fachleute im internationalen Vergleich veraltet ist.

Deutsche-Bank-Skandal

Trittin fordert deutsches Unternehmensstrafrecht

Die Deutsche Bank steht wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung, Geldwäsche und versuchter Strafvereitelung schwer unter Beschuss. Nun fordert Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin Konsequenzen: Er verlangt die Einführung eines Unternehmensstrafrechts in Deutschland.

(...)

Die Einführung eines Unternehmensstrafrechts in Deutschland wird seit mehreren Jahren intensiv unter Experten diskutiert. OECD, EU und Anti-Korruptions-Organisationen wie Transparency International sind dafür, doch die Lobby der deutschen Wirtschaft hat Vorstöße dazu bisher stets ausgebremst. Hierzulande sind es nur einzelne Vertreter von Unternehmen, die bei Wirtschaftsdelikten wie Korruption, Betrug oder Umweltverschmutzung strafrechtlich von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden können.

(...)

Angesichts immer neuer Skandale wirkt das deutsche Recht veraltet. Bis heute kann gegen ein kriminelles Unternehmen als Ganzes in Deutschland nur ein Bußgeld verhängt werden. Unternehmen werden bestraft, als hätten sie - wie im Verkehrsrecht - eine Ordnungswidrigkeit begangen.

Das sei "bizarr", beklagte im Sommer dieses Jahres der Justizminister der rot-grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen, Thomas Kutschaty (SPD). Ziel müsse es sein, Geldstrafen auf den Umsatz zu erheben - was für ein Unternehmen deutlich teurer werden könnte als ein begrenztes Bußgeld. Hinzu kommt: Wird ein Manager bestraft, zahlt meist das Unternehmen die Geldstrafe. Und die liegt oft deutlich unter dem, was Banken etwa durch die Beihilfe zu bestimmten Taten erwirtschaftet haben.

(...)


http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 73657.html

Dabei muss man m. M. n. allerdings keine rechtssystematischen Purzelbäume schlagen (Das deutsche Strafrecht hat immer mit individuellem Verschulden zu tun und kennt keine "Strafen" für juristische Personen wie Aktiengesellschaften usw.). Wichtig ist nur, dass Bußgelder künftig bei gleichzeitiger obligatorischer Gewinnabschöpfung in jedem Fall so hoch sind, dass sich rechtswidrige Strategien nicht mehr nüchtern-rational unter Einbeziehung des Risikos, erwischt zu werden, planen lassen.

Außerdem müsste es zumindest eine Staatsanwaltschaft in Deutschland geben, der Politiker (Justizminister) keine Weisungen erteilen könnten, nämlich eine speziell für die "bessere Gesellschaft" - also für große Unternehmen und für die Angehörigen der politischen Klasse selbst - zuständige StA.
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Re: Insolvenzen durch Bankenwillkür

Beitragvon AlexRE » Di 20. Aug 2013, 14:45

Mittlerweile scheinen ausnahmslos alle Banken in Verruf geraten zu sein ...

Bild
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