Wahl des BP und der Verfassungsrichter

Kommentare zu dem entstehenden Verfassungsentwurf bitte nur auf dieses Unterforum schreiben, nicht in den Verfassungstext selbst.

Wahl des BP und der Verfassungsrichter

Beitragvon AlexRE » Do 26. Feb 2009, 00:13

Das habe ich gestern auf dem Forum des Bundestages im Zusammenhang mit der aktuellen Petition zur Vorprüfung von Gesetzen auf Verfassungsmäßigkeit geschrieben, zunächst ein Zitat eines anderen Teilnehmers dort:


Der hier in vielen Petitionen durchschlagende Gedanke an die "Heilsbringer" aus dem BVerfG ist - gelinde gesagt - für unsere heutige Zeit irritierend. Dort sitzen genau solche Leute, wie schon angesprochen, übrigens nicht nur Zypris sondern auch Leuthäuser-Schnarrenberger war im Gespräch.

Und der Bundespräsident ist um keinen Deut besser. Einem Einzelnen mit derartigen Befugnissen auszustatten ist ja schon wieder nostalgisch.


Richtig, die Personen blieben nach der Intention dieser Petition zunächst die selben wie zuvor. Allerdings entfiele die teilweise mehrjährige "Karenzzeit" für verfassungswidrige Gesetze, die bis zu einem Urteil oder Beschluss des BVerfG bzw. bis zu der für die Nachbesserung gesetzen Frist permanet die Grundrechte der Adressaten der verfassungswidrigen Norm verletzen. Das wäre schon einmal eine Verbesserung der jetzigen Situation. Wenn dann irgendwann auch noch der Bundespräsident und die Verfassungsrichter in gesonderten demokratischen Verfahren völlig unabhängig von gemeinsamen Karrierewegen mit Berufspolitikern gewählt würden (siehe meinen Beitrag auf Seite 3 dieses Themas von gestern, 17:58 Uhr)*, wären die Grundrechte der Bürger durch die Politik praktisch unangreifbar.

Die Besorgnis einer übermäßigen Machtkonzentration in den Händen sehr weniger Personen ist natürlich berechtigt. Es müsste im Grundgesetz präzise festgelegt werden, unter welchen Umständen der BP Gesetze (oder auch das Unterlassen von Gesetzesvorlagen) beim BVerfG monieren darf, soll oder muss. So könnten nicht nur die Grundrechte der Bürger besser geschützt werden, sondern auch das Demokratieprinzip an sich. Neben besonders schweren und in ihren Auswirkungen irrevisiblen Beeinträchtigungen von Grundrechten wäre als zweiter Hauptanwendungsfall so eines Vorprüfungsverfahren denkbar, dass der BP im Zusammenwirken mit dem BVerfG im Falle gebrochener Wahlversprechen einschreiten muss. Wenn eine wichtige Wahlkampfaussage oder ein bestimmter Punkt im Programm einer Partei von den Wahlsiegern missachtet wird, bedeutet dies eine Beschädigung des Demokratieprinzips. In einer (noch) rein repräsentativen Demokratie ist die Wahlentscheidung die einzige Möglichkeit des Souveräns, die Politik inhaltlich mitzugestalten. Wenn Wahlentscheidungen der Bürger überhaupt nicht ursächlich für die reale Politik sind, ist der Begriff "Souverän" entwertet und das Demokratieprinzip wird ausgehöhlt.

Quelle: https://epetitionen.bundestag.de/index.php?topic=868.msg13011#msg13011
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*gemeint ist dieser Beitrag, ein Auszug des GG-Aktiv - Programms:

(...) wenige Spitzenparteibuchkarrieristen ganz alleine bestimmen, wer Bundespräsident und wer Verfassungsrichter wird. Das ist keine vollständige Gewaltenteilung nach internationalen Maßstäben. Diese Feststellung betrachte ich als Argument. Wenn Sie darüber hinaus eine Beweisführung verlangen, müssen Sie sich schon auf den genannten Internetseiten umsehen, das würde den Rahmen hier sprengen.

Jedenfalls gibt es eine Reihe von BVerfG - Urteilen, die ich mir nur damit erklären kann, dass diese Richter von den Politikern, deren Entscheidungen sie zu beurteilen hatten, eingesetzt wurden. Beispiel: Das Urteil zu den Alteigentümer - Entschädigungen ist kaum nachvollziehbar, steht aber im Zusammenhang mit den haarsträubenden Manipulationen der Kohl - Regierung im Jahre 1990 (Gorbatschow - "Junktim"). Diese und einige andere Geschichten reichen mir, um als 1/80millionstel des Volkssouveräns einfach mal zu sagen, dass ich nicht mir dieser Art von Besetzung des BVerfG durch eine Handvoll Berufspolitiker einverstanden bin.

Wenn Sie den Begriff "Souverän" richtig verstehen, muss ich das auch nicht weiter begründen. Es ist eben so. Wenn genügend Leute diese Sepsis teilen und deswegen eine Partei mit passenden Programminhalten staatsrechtlicher Natur wählen, ist das ein Souveränitätsakt mittels freier und geheimer Wahlen. Das Volk ist der Souverän, nicht Regierungen oder Richter, die haben nach den Maßgaben des Art. 20 GG Souverän und Verfassung zu dienen.

Umgekehrt gilt das natürlich auch. So lange die Mehrheit der Wähler dem gegenwärtigen staatlichen Dienstpersonal so viel Vertrauen schenkt wie Sie, ist das auch eine souveräne Entscheidung. Gegenwärtig ist das Grundgesetz durch den Souverän zumindest durch Unterlassen der Geltendmachung des Anspruches auf eine neue Verfassung nach Art. 146 GG als Verfassung legitimiert.
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Re: Wahl des BP und der Verfassungsrichter

Beitragvon AlexRE » Do 5. Mär 2009, 15:19

das habe ich gerade auf politikforen.net geschrieben, passend zu diesem Forum etwas deftiger formuliert :mrgreen:

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Mariko;2752892 hat geschrieben:???

Ich habe genau diese fett markierten Zeilen doch schon aufgegriffen und klargestellt, dass das selbstverständlich auch in Deutschland die bestehende Rechtslage ist. Auch hierzulande können Justizminister de jure keinen Einfluss auf Gerichtsentscheidungen nehmen.


Davon war in der zitierten Unterhaltung auch überhaupt nicht die Rede. Es ging da um den Einfluss von Politikern auf die Organsation der Rechtspflege und die Besetzung von Richterämtern. Die Krönung hierzulande ist, dass die kleine Gruppe von Spitzenparteibuchkarrieristen über ihre paar hundert armseligen parlamentarischen Dienstboten auch noch die Besetzung des Bundesverfassungsgerichtes per Parteibuchproporz und u. a. nach Meriten auf eigenen Parteibuchkarrierewegen der Richterkandaten in der Politik selbst vornehmen kann. Den Bundespräsidenten kungelt dieselbe kleine Truppe dann auch noch aus. Wenn da überhaupt ausserhalb des kleinen Kreises noch jemand Einfluss nehmen kann, dann bestimmt nicht der vorgebliche Volkssouverän, sondern allenfalls die Entscheidungsträger aus der Managerklasse, mit denen die kleine Führungstruppe hier personell verquickt ist.

Ein Richter, der das richtig überschaut und bewertet, schämt sich natürlich im unmittelbaren Vergleich mit Vertretern einer echten klassischen Verfassungsdemokratie.

Das ist dieses Land nämlich nicht, das ist nur eine "Demokratie light", eben das, was die Deutschen an Demokratie verdienen. Ein Volk, dass sich mehrheitlich seit Jahrhunderten unabhängig vom aktuellen Ausmaß der allgemeinen Volksverarschung durch die politische Klasse in der besten aller Welten wähnt, weil nur Unbotmäßige und Chaoten was anderes behaupten, das muss eben immer wieder von neuem die Kosten tragen, die leicht für dumm zu verkaufende Menschen eben tragen müssen.

P. S. Aktuell hat die kleine Handvoll Machtmenschen, denen die deutschen Pseudodemokraten wie Hündchen hinterherdackeln (aktuelle Hundesteuer: 500 Milliarden für den finanzpolitischen Genius der Machtmenschen) Frau Zypries als kommende Verfassungsrichterin ausgekungelt. Die kann dann den Gesetzesmurks, den sie selbst angerichtet hat, für verfassungsrechtlich unbedenklich erklären.
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Re: Wahl des BP und der Verfassungsrichter

Beitragvon AlexRE » Mo 23. Mär 2009, 13:20

Zu diesem Thema passend ein Aufsatz zur Richterwahl in den USA, der Schweiz und Deutschland:

Auszug:

Sagten Sie etwa Rechtsstaat? Deutsche können gar keinen Rechtsstaat betreiben, weil sie, wie die berüchtigten Milgram-Versuche "Bedenkenloser Gehorsam" über Jahrzehnte ergebnisgleich beweisen, als stammesgeschichtlichen Erbmangel 30% weniger Unrechtsbewußtsein bei Unrecht empfinden als andere Völker. Bei Staatsgewaltdienern fallen weitere 30% hierarchischem Druck (push) von oben zum Opfer, und bei Parteigenossen (PG) reißt die enthemmende Gier (pull) nach Mitläuferlohn in Form früher, hoher, unkündbarer Staatsstellen das letzte Drittel normalen Unrechtsbewußtseins hinweg. Da z.Z. alles "Recht" vom Staat und seinen PG-Gewalthabern ausgeht, haben wir also einen Null-Rechts-Staat. Einen wenigstens 2/3-Rechtsstaat, sowieso das deutsche Maximum, s.o., können wir nur erreichen, wenn wir die Unrechtsgeneratoren Staat und Parteien abschalten und unser Recht ausschließlich von uns jederzeit kündbaren Nicht-PG anvertrauen, d.h. alle Rechtsprecher und -anwender nur aus unserer Mitte, nur auf Zeit und nur unmittelbar selber wählen, weil nur staatsfreie Nicht-PG Recht von Unrecht noch in etwa unterscheiden können. Die gegenwärtigen Zustände Deutschlands bedeuten völligen Verlust der Rechtssicherheit, wie der Volksmund sagt: "Recht ist Glückssache", "Recht haben und bekommen sind zweierlei" "Wer einen Aal beim Schwanz und Richter faßt bei Worten, wie feste der gleich packt, hält nichts an beiden Orten“ oder Bärbel Bohley: "Wir wollten Gerechtigkeit und bekamen den Rechtsstaat". Staatsgewaltdiener mit und ohne Robe teilen aus, was sie für Recht halten: es ist weder immer Unrecht noch natürlich immer Recht, sondern unvorhersehbar zufällig mal das eine, mal das andere, weil sie es ja nicht unterscheiden können, so wie eine (rechts-)blinde Henne mal auf ein Korn pickt und mal daneben. Da viele Rechtsstreite zweipolige Nullsummenspiele sind (was der eine verliert, gewinnt der andere), liegt die Rechtstrefferquote nahe 50%, das entspricht bei Ja-Nein-Prüfungsfragen der sogenannten Schimpansenebene, d.h. dem Ergebnis, das jeder Affe, der nur weiß, daß er bei jeder Frage ein Kreuz machen muß, mit reiner Wahrscheinlichkeit erzielt und das zur Bewertung menschlicher Leistung als Ausgangspunkt und unterste Stufe anzusetzen ist. Ein Rechtslehrer, soweit nicht PG, kann, wenn Art. 5(3)1 GG verwirklicht ist, selber bis zum 2/3-Rechts-Besitzer aufsteigen, aber nur die Verfahren zum Recht, nicht jedoch inhaltliches Recht, Rechtsempfinden oder Rechtssicherheit als solche weitergeben, so daß seine Zöglinge als PG mit Staatsgewalt den selben Null-Rechts-Staat weiter so betreiben, der gegen Belehrung oder gar Selbstumwälzung zum 2/3-Rechtsstaat gefeit ist.


Quelle:

http://www.hausarbeiten.de/faecher/vorschau/109064.html
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Re: Wahl des BP und der Verfassungsrichter

Beitragvon AlexRE » So 14. Dez 2014, 19:11

Auf Facebook gesehen und kommentiert:

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

Klammheimlich

Unsere Richterwahl ist undemokratisch VON ROLF LAMPRECHT

Bild
Der Präsident des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, inmitten von Kollegen in Karlsruhe | © Uwe Anspach/dpa

(...)

Bei den vier anderen Verfassungsorganen werden die Kandidaten, die zur Wahl stehen, öffentlich diskutiert. Der Bürger kann sich vorab über die Personen, die entscheidenden Einfluss auf sein Leben nehmen werden, informieren. Doch die Auslese für das fünfte Verfassungsorgan, das Bundesverfassungsgericht, findet hinter verschlossenen Türen statt. Die 16 Verfassungsrichter werden klammheimlich ausgehandelt.

Auch die Reform, die jetzt in Berlin auf der politischen Agenda steht, wird daran nichts ändern. Sie soll nur einen offenkundigen Kunstfehler korrigieren. Obwohl es im Grundgesetz unmissverständlich heißt, dass die Richter "je zur Hälfte vom Bundestage und vom Bundesrate gewählt werden", hat der Bundestag (anders als der Bundesrat) die Wahl selbstherrlich einem zwölfköpfigen Ausschuss übertragen.

(...)


http://www.zeit.de/2014/49/bundesverfassungsgericht-bundestag-richter-wahl


>> Die Bundesregierung will das gesamte Parlament die Verfassungsrichter wählen lassen. Die Wahl bleibt aber ein Geheimverfahren, besser wäre eine öffentliche Anhörung. <<

Noch besser wäre eine Wahl der Verfassungsrichter und des Bundespräsidenten unter Ausschluss des bisherigen Machtmonopols der Parteibuchkarrieristen in Bundestag und Bundesrat:

>> Künftig soll eine völlig neu in der Verfassung zu verankernde Bundesversammlung direkt vom Volk gewählt werden und sowohl den Bundespräsidenten als auch die Verfassungsrichter bestimmen. Da diese Aufgabe nur wenig Zeit in Anspruch nimmt, können auch solche Personen für einen Sitz in der Bundesversammlung kandidieren, die parteilos und keine Berufspolitiker sind. Es kommt nur darauf an, im jeweiligen Wahlkreis ein besonders hohes Ansehen bei der örtlichen Bevölkerung zu genießen. <<

http://grundgesetzaktiv.de/ziele.htm
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