Der Abgeordnete und die Volksabstimmung

Soll die neue Verfassung Volksabstimmungen nach bekanntem Muster vorsehen oder muss man über neue, auf die Bundesrepublik zugeschnittene Modelle nachdenken?

Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon AlexRE » Sa 9. Okt 2010, 10:31

Uel hat geschrieben:@Alex

... ja, genau das habe ich gemeint, mit >>>viel weniger eigennützig<<<.


Ich meinte noch etwas anderes als "weniger Eigennutz", mir erscheint das als eine ganz andere Art von politischem Bewusstsein, wenn man als "Normalbürger" solche politischen Fragen quasi aus der Perspektive des öffentlichen Interesses, also mit den Augen eines pflichtgemäß handelnden Berufspolitikers oder hohen Beamten sieht.

Ich war gegenüber dem verbreiteten Bild von dem obrigkeitshörigen Deutschen nie so richtig überzeugt, dazu gibt es zu viele Phasen in der deutschen Geschichte, die mit diesem einfachen Schema nicht zu vereinbaren sind.

Vielleicht gibt es ja statt dessen eine spezifisch deutsche Selbstidentifikation mit öffentlichen Angelegenheiten und deren Sachwaltern, also keine besondere Hörigkeit, sondern eine besondere "innere" Nähe zu den Sachwaltern der Staatsmacht.

Hier noch die Antwort von diorella2 auf Deinen letzten Beitrag vom privaten Forum herüberkopiert:

diorella2 hat geschrieben:Hi Uel,

ich finde, zum Selbstverständnis des Souveräns gehört in erster Linie eine
souveräne Haltung. Die kann ich aber bei den Protestlern in Stuttgart ( die Baumangeketteten !) nicht vollends nachvollziehen. Das Projekt war ja in sämtlichen Instanzen zur Diskussion gestellt worden. Es gab ja Gerichtsurteile, Gutachten und Gegengutachten ..dieses ganze, Fachleuten wie mir sehr wohl bekannte lästige und nimmer enden wollende Prozedere.
Letztendlich ist die Genehmigung und damit die Baufreigabe aber im Spätherbst 2009 erfolgt. Ich kann verstehen, dass die Stuttgarter an ihrem historischen Bahnhof hängen und der Teilabriss ist wirklich ein Verlust!!! Möglicherweise sind 200 Jahre alte Bäume auch ein Verlust, da kann man aber m.E. eher Ersatz schaffen als bei dem historischen Gebäude, welches in seinem Gesamtensemble-Charakter für immer zerstört werden wird. Das ist ein schmerzlicher Identitätsverlust für einen in Stuttgart beheimateten Menschen.

Darüber hinaus ist die gesamte Gründungssituation(Gipsschichten, Mineralwasserdepot usw. usf.) wirklich riskant. Auch die Installation und Wartung der erforderlichen immerwährende Wasserhaltung, die überirdisch verlegt wird und ständig elektrisch betrieben laufen muß wird ein Dauerbrenner in Punkto Anfälligkeit sein. Da kann ich auch Frei Otto schon verstehen, allerdings ist dieser Mann schon über 80 Jahre alt und aus dem Projekt ausgestiegen, weil er möglicherweise die Nerven und die Lebensenergie nicht mehr hat das durchzuhalten. Denn auch die Architekten stehen ja ständig im Diskussionsmittelpunkt. Und DAS ist alles zusammen ist sicherlich heavy Stuff !! Aber: es war auch alles längstens bekannt. Immerhin hat das Gesamtverfahren ja 14 Jahre gedauert. Man kann nicht von übereilten Überlegungen und Verfahren sprechen bei diesem Zeitraum im Vorfeld. Wenn Bürger also erst dann „aufwachen“ wenn der Baubeginn vor der Tür steht..dann stimmt da etwas nicht in der Historie. Es sieht mittlerweile für mich eher so aus, dass die politischen Akteure, die in den letzten Jahren gegen dieses Projekt interveniert hatten, genau DIE schlechten Verlierer waren, die Du beschrieben hast. Und die haben sich sehr schnell bei diesen bürgerlichen Protestlern eingehängt.

DieseProtestler sehen eben schon länger nicht mehr aus wie irgendwelchen „schwarzen Blocks“ oder „K-Gruppen“ aus den 70er und 80er Jahren. Es sind die bürgerlichen Herrschaften in Anzug und Kostüm. Das kenne ich sehr wohl auch so aus Hamburg. Das sind mittlerweile vor allem die Wähler der Grünen, die Wähler der FDP aber auch die CDU-Anhänger gehen gern protestieren, wenn ihr Lifestyle aus der gepflegten Form zu geraten droht. Ich finde das nicht neu...und es ist ok, es ist aber auch eine Spur wohlstandsverwöhnt.

„Wenn die Mehrheit eine andere Farbe will, dann ist das die Mehrheit“

.....?! Was soll so ein Argumentß?? Wählen wir denn am Sonntag?! ...Was ist daran unlogisch? Du hast das offensichtlich nicht erfasst. Ich schrieb „wenn“-.... und ....Wenn es eine Gruppe auf Neuwahlen abgesehen hat..dann würden die Ergebnisse möglicherweise z.Zt. so und so aussehen. Es ist doch nicht egal...wann und in welchen Zeiträumen gewählt wird. Ich habe den Eindruck, Du hast unser demokratisches System auch noch nicht so ganz verinnerlicht....

Die sog. Mehrheit heutzutage will offensichtlch alle halbe Jahre eine andere Farbe!! Wir wählen aber immer für 4Jahre.. und das ist auch gut so, denn nur so können Regierungen überhaupt irgendwas auf die Beine stellen. Es kann nicht angehen, das so etwas ständig infrage gestellt wird. Das schafft Stillstand auf der ganzen Linie und mich erinnert das an Weimarer Verhältnisse, wo ständig der Reichstag aufgelöst wurde..bis dann irgendwann ein Herr Hitler mit 33 % an die Macht kam!! Ich denke damit solltest Du Dich mal befassen!!! Auch sollten Volksentscheide nicht dazu benutzt werden, eine gewählte Landes-/ oder Bundesregierung in Frage zu stellen. Das wird aber heute so betrieben, weil die Volksentscheide von der politischen Opposition unterstützt für ihre Zwecke misbraucht werden. Das Volk ist da m.E. wirklich naiv.. Und Du auch, mit Verlaub.

Heute sieht es ja schon fast so aus, dass Immer wenn den Leuten eine Regierungsentscheidung nicht passt, sie sofort Neuwahlen oder Personalaustausch usw. usf. erwarten. Das ist doch Kindergarten!! Das geht mir mehr und mehr gegen den Strich und dieses ganze mit dem Volkswillen und der Souveränität des Volkes zu begründen ist nichts anderes als die Zurschaustellungvon nebligen, unscharfen Vorstellungen von Demokratie die eine Gesellschaft, hat welche gerade in die Pubertät gekommen ist.

Es zeugt nur davon, dass demokratische Prozesse hier entweder immer noch nicht oder nicht mehr verstanden werden. Das sind alles Schritte, die in eine Diktatur führen können. Das meinte ich auch im Übrigen als ich die politische,gesellschaftliche Unfähigkeit erwähnt, die dazu führt, demokratische Instrumentarien wie ein Planfeststellungsverfahren, also solche nicht erkennen zu können. Ich habe da in erster Linie auf die veröffentlichte Medienmeinung (z.B. bei Maibritt Illner : Claudia Roth) reflektiert. Diese Dame meinte, das wir uns daran gewöhnen müssten in immerwährenden Abstimmungsprozessen zu verharren. DAS ist die Haltung der Grünen ?! Mir kommt deren Argumentation mehr und mehr so vor wie der Weg der in die Hölle führt, ist mit guten Absichten gepflastert. DIE wissen wirklich nicht mehr was sie tun und sie sind nicht regierungsfähig im Sinne, dass sie Verantwortung übernehmen können. Die Grünen waren und sind Fundamental-Opposition. In dieser Rolle fühlen sie sich wohl und sind auch ganz nützlich. Aber bitte mehr auch nicht. Alles darüber hinaus versetzt mich bei dieser Partei immer in Angst und Schrecken...da werde ich dann überemotional.

„Ich habe so manches Jahr in meinem nicht mehr ganz frischen Leben Regierungen ertragen...“

Mein lieber Uel..ich nicht minder!! Ich habe in meinem ebenfalls nicht mehr ganz frischen Leben die meiste Zeit (als Wählerin) Regierungen ertragen, die ich nicht gewählt habe. Danke für dies anmaßende Belehrung...sie trifft voll daneben..Sei bitte in Zukunft etwas vorsichtiger mit solchen aus der Luft gegriffenen Behauptungen- zumindest mir gegenüber. Im Übrigen habe ich auch in meinem nicht mehr ganz frischen Leben mit wachsender persönlicher Reife meine politische Haltung verändert. Hat aber nicht immer mit den Wahlmehrheiten übereingestimmt...so oder so..oder ..ist das Leben.

So..genug für heute

LG Diorella
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Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon AlexRE » Sa 9. Okt 2010, 12:15

Einer unserer bedeutendsten Denker ("es kommt darauf an, was hinten rauskommt") hält die ganze Integrationsdebatte für überlüssig:

Altbundeskanzler Helmut Kohl hält die derzeitige Debatte um Integration in Deutschland für überflüssig. "Ich verstehe die jetzige Diskussion überhaupt nicht", sagte der CDU - Politiker am Freitag auf der Frankfurter Buchmesse. "Wir finden unser Glück, weil wir weltoffen sind."


Quelle: handelsblatt.com

Was für ein toller Typ, da haben sich die Deutschen genau den Richtigen ausgesucht, das Land länger als jeder andere Kanzler zu regieren. Ihr derzeitiges Glück ist also nicht ganz unverdient ...
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Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon AlexRE » So 10. Okt 2010, 12:10

Die aktuelle Diskussion auf dem Parallelthread des privaten Forums:

diorella2 hat geschrieben:Hi Uel,

1.Die gewählten Politiker sind keine Angestellten der Wähler und
lediglich ihrem Gewissen verpflichtet. Politiker als Angestellte, also
Erfüllungsgehilfen der Wähler - das ist kein demokratischer Grundsatz,
auch wenn sich Helmut Schmidt immer als erster Verwaltungsangestellter
der Firma BRD bezeichnet hat.

2.Ich trenne zwischen dem Protest gegen
einen Bahnhof und den
Interventionen einer bestimmten Partei-die mir nicht besonders nahe
steht, die ich hier in Hamburg jedoch auch schon seit ein paar Jahren
als Koregierung ertrage :-)) - und die die Protestgruppe für
Machtspielchen hinsichtlich des Regierungswechsels in BW und für die
veränderten Verhältnisse im Bundesrat benutzt. Diese Protestler lassen
sich offensichtlich auch genau in diese Irre führen (manipulieren?!).

3. Der Bauherr ist die Deutsche Bahn als Staatsbetrieb, die im Auftrag
des Landes BW, des Bundes und der EU (das sind die Geldgeber) diese
Bahnhof bauen wird. Insofern sind die Stuttgarter finanziell gar nicht
vollendes in der Rechtsposition einer Bauherrnschaft, sondern lediglich
als Eigentümer des Grundstückes.

4. Die Planung / Baugenehmigung ist nicht 14 Jahre alt, sondern der
gesamte Prozess dauerte 14 Jahre und war Ende 2009 beendet. Das ist ein
entscheidender Unterschied.

5. Da Laien offensichtlich auch nicht verstehen können, dass es zu
einem Gutachten auch immer ein Gegengutachten gibt, kann ich an dieser
Stelle nur lächeln. Die Politik ist dazu da hier zu vermitteln, denn es
geht nicht um unumstößliche Wahrheiten, sondern um einen
Willenbildungsprozess und der ist nur politisch herzustellen. Wenn
Laien das nicht begreifen, dann ist das "pubertär" und es fehlt an
Basiswissen über gesellschaftliche Prozesse, aber auch hinsichtlich
Philosophie, usw. usf....Wie entsteht ein Weltbild eine persönliche
Realität..Werte...da muß man ja dann ganz von vorn anfangen. Das sind
ja Abgründe unseres Bildungssystems, die sich da auftun!! Und vor
allem: es gibt einen eklantanten Unterschied zwischen Meinung und
Kenntnis!

6. Ich finde diesen neuen Bahnhof schön, auch die "Glupschaugen" !!!
und die enstehende Freifläche wird der Stuttgarter Kessellage guttun.
Natürlich sollte sorgfältig geprüft werden, wie diese Freifläche
gestaltet wird.

7. Natürlich ist die "Technik" riskant! Aber sie birgt
auch die Chance, hier neues Know-How zu generieren..und das ist für D.
auf jeden Fall von Vorteil...und nicht schon wieder so ein
Wegwerfprodukt, mit dem nun andere Nationen reüssieren, wie beim
Transrapid. Der abgesprungene Architekt Frei Otto, hat ja seine großen
bedenken dahingehend geäußert. Ich jedoch glaube, das er noch andere
Gründe für seinen Ausstieg hatte: Alter, schwache Nerven, so ein
Projekt muß ein Architekt auch persönlich " durchstehen", das wissen
die meisten nicht.

8. Gewählt wird in BW ja in einem halben Jahr. Bis dahin kann noch viel
passieren. Und im
Bund wird erst in 3 Jahren wieder gewählt....und auch wenn man mit der
jetzigen Koalition im Bund nicht einverstanden ist: sie wurde noch vor
gut einem
Jahr gewählt..und das für 4 Jahre. So sind die Regeln.

9.Ich verteidige meinen Standpunkt und wiederhole: Unsere Demokratie
befindet sich sehr wohl in der "Pubertät"...Nach dem wir fast 60 Jahre
die (wechselnden) Parteien und ihre Politker auf´s Podest gestellt
haben -das kann man schon noch als eine gewisse Obrigkeitshörigkeit
bezeichnen - kommen wir nun in die Phase das alles zu kritisieren (also
jede Form von repräsentativer Demokratie) und direkte Demokratie
einzufordern.

10. direkte Demokratie finde ich auch als Ergänzung
grundsätzlich richtig und gut..
aber dazu müssen wir alle noch viel mehr Demokratie üben...
Einfach zu fordern"Wir sind das Volk" und zu behaupten "der
Souverän"zu sein ist ein bischen zu wenig. 1989 haben wir doch alle
erfahren,
was bei so einem motivierten Volksaufstand das Ergbenis ist.

11. Die Verluste der sog. Volksparteien, die
mehrmaligen Abspaltungen der SPD (erst Grüne, dann die Linke) das
sind alles schon Verwerfungen der repräsentative Demokratie. In diesen
Kanon fällt ebenso das Anzweifeln von solchen demokratischen
Instrumentarien wie z.B. das Planfeststellungsverfahren. Die Grünen
"befeuern" diese Einstellungen extrem und ich wiederhole: die wissen
nicht was sie tun,
denn sie sind DIE eine Partei ( die Linken nehme ich hier mal raus) die
am wenigsten Regierungsverantwortung trägt und je getragen hat. Die
sind und bleiben eben Fundamentaloppositionelle. Und sie befeuern nicht
nur die "direkten Demokratieprozess", sondern verbünden sich dazu auch
schon
mal mit Rechtspopulisten (in Bayern mit der DVU) und das macht so eine
Partei, die dazu auch noch im Moment an Zuspruch gewinnt, mehr und mehr
gefährlich. Die "befeuern" damit bald auch noch was ganz anderes- und
gucken danach ganz erstaunt aus Kinderaugen auf das Ergebnis. Das hatte
Alex bereits hier erwähnt.

12. Ich drohe gar nicht mit Auswandern...ich überlege das schon ein
paar Jahre...Und so weit will ich ja gar nicht weg. Mal sehen ob´s noch
irgendwann einmal klappt?! Ich würde gern ein paar Jahre mal ein
anderes Land kennenlernen.

So, das war´s erstmal wieder für heute
LG Diorella


Santo hat geschrieben:
diorella2 hat geschrieben:Hi Uel,

1.Die gewählten Politiker sind keine Angestellten der Wähler und
lediglich ihrem Gewissen verpflichtet.
Politiker als Angestellte, also
Erfüllungsgehilfen der Wähler - das ist kein demokratischer Grundsatz,
auch wenn sich Helmut Schmidt immer als erster Verwaltungsangestellter
der Firma BRD bezeichnet hat.
[...]


Wenn das so pauschal richtig wäre gäbe es gar keine Demokratie in dem ständig propagierten Sinn, weil damit die Möglichkeit des Handelns gegen den Willen der Wähler sozusagen legitimiert würde und die Politiker den Titel Volksvertreter per se verloren hätten. Letzterer würde dann schon dadurch zur Farce. So kann das also nicht richtig sein.
Zwar sind die Gewählten keine "Angestellten" und auch grundsätzlich "in letzter Instanz" nur ihrem Gewissen verpflichtet, doch kann sich das logischerweise nicht auf den Teil ihrer Verpflichtung beziehen, den sie dem Volk gegenüber zu erfüllen haben. Der Gewissensgrundsatz kann erst dann zum tragen kommen, wenn jemand tatsächlich vor einer Gewissensentscheidung steht, wie beispielsweise bei Abstimmungsentscheidungen gegen die Regierung oder gegenüber anderen Staatsorganen, darf aber keinesfalls pauschal zum Aushebeln des Wählerwillens dienen.
Politiker sind dem Grundsatz nach "Erfüllungsgehilfen", ohne dass das wie im Zivilrecht besonders geregelt sein müsste, da das den allgemeinen Rechtsgrundsätzen der Demokratie, beispw. Art.20 Abs.2 GG zwingend immanent ist, s.o..


AlexRE hat geschrieben:
diorella2 hat geschrieben:1.Die gewählten Politiker sind keine Angestellten der Wähler und
lediglich ihrem Gewissen verpflichtet. Politiker als Angestellte, also
Erfüllungsgehilfen der Wähler - das ist kein demokratischer Grundsatz,
auch wenn sich Helmut Schmidt immer als erster Verwaltungsangestellter
der Firma BRD bezeichnet hat.


Da muss ich auch widersprechen. Nach dem Demokratieprinzip geht "alle Staatsgewalt vom Volke" aus, Art. 20 Abs. 2 GG. Das bedeutet, dass der Volkssouverän in einer Demokratie der Hausherr ist. Die Formulierung in Artikel 38 GG, dass Abgeordnete nur ihrem Gewissen verpflichtet seien, bezieht sich offenkundig auf die Unabhängigkeit von der Regierung und anderen Staatsgewalten, während sich sich gegenüber dem von ihnen vertetenen Volk zu verantworten haben:

Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.


Die Aussage "Politiker sind Angestellte der Wähler" entspricht also durchaus dem Gesellschaftsentwurf des Grundgesetzes, wenngleich nicht der gesellschaftlichen Realität.

Deinem Punkt # 10. stimme ich allerdings uneingeschränkt zu.


PeterS hat geschrieben:Bild

Vielleicht hilft dies dem Demokratieverständnis für die Ewiggestrigen, die meinen, daß faschistische parlamentarische Diktatur nur ansatzweise dem Souverän in die Hände spielt.


Santo hat geschrieben:
AlexRE hat geschrieben:
Santo hat geschrieben:Mit der etwas präziser gefassten Behauptung, dass die Scharia hier keine offizielle Gültigkeit besitzt, läge sie richtig. Dennoch kann man realistischer Weise davon ausgehen, dass hier hinter den Kulissen derartige Grundsätze des Islam in der meines Erachtens unzweifelhaft vorhandenen, ebenfalls von einigen "Weichzeichnern" verharmlosten und/oder negierten Parallelgesellschaft Anwendung finden.


"Hinter den Kulissen" befindet sich nun nicht gerade, was ausdrücklich im EGBGB geregelt ist. Insbesondere im Familien- und Erbrecht gilt oft das Recht des Herkunftslandes der Prozessparteien. Das bezieht sich auch auf die Scharia, soweit die betreffenden Vorschriften mit dem deutschen GG vereinbar sind. Es gibt auch eine ganze Reihe von aktuelleren Urteilen, in denen die Scharia hier in Deutschland als Rechtsgrundlage hinzugezogen wurde.


Mit "hinter den Kulissen" habe ich gemeint, dass die Regeln der Scharia mit nicht unerheblicher Wahrscheinlichkeit in der Parallelgesellschaft ohne jede Rücksichtnahme auf hierzulande übliche und zwingend anzuwendende Rechtsgrundsätze Anwendung finden. Nach den von Dir selbst genannten Regeln des EGBGB in Verb. mit dem GG kann die Scharia hier keine offizielle Gültigkeit haben, da diese mit den Grundwerten des GG nicht kompatibel ist.
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Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon AlexRE » So 10. Okt 2010, 12:14

diorella2 hat geschrieben:@ Uel Alex, Santos

die Damen und Herren Abgeordneten sind allein ihrem Gewissen verpflichtet, sogar der Parteienproportz ist in offizieller Weise "freiwilig" und sie sind dem Volk, das sie gwählt hat Rechenschaft über ihr Tun schuldig! Jaaaa!!! ABER: sie sind NICHT die ANGESTELLTEN der Wähler!!
Wo ist der Arbeitsvertrag, die Arbeitsplatzbeschreibung, die Pflichten, die Abgrenzungen zu Vorgestzen.... Wo ist die Vertrags-Auflösungsvereinbarung..etc. pp. Wenn sie Angestellte der Wähler wären, könnten sie ja bei Abwahl beim Arbeitsgericht Widerspruch einreichen.
Leute ...Ihr habt sie ja wohl nicht mehr alle!!! Was ist bei Euch im Oberstübchen los?
ich muss mich doch sehr wundern. Da ja auch ein Jurist darunter ist!!!! Das ist Wunschdenken meine Herren!!!

LG Diorella


Santo hat geschrieben:
diorella2 hat geschrieben:@ Uel Alex, Santos

die Damen und Herren Abgeordneten sind allein ihrem Gewissen verpflichtet, sogar der Parteienproportz ist in offizieller Weise "freiwilig" und sie sind dem Volk, das sie gwählt hat Rechenschaft über ihr Tun schuldig! Jaaaa!!! ABER: sie sind NICHT die ANGESTELLTEN der Wähler!!
Wo ist der Arbeitsvertrag, die Arbeitsplatzbeschreibung, die Pflichten, die Abgrenzungen zu Vorgestzen.... Wo ist die Vertrags-Auflösungsvereinbarung..etc. pp. Wenn sie Angestellte der Wähler wären, könnten sie ja bei Abwahl beim Arbeitsgericht Widerspruch einreichen.
Leute ...Ihr habt sie ja wohl nicht mehr alle!!! Was ist bei Euch im Oberstübchen los?
ich muss mich doch sehr wundern. Da ja auch ein Jurist darunter ist!!!! Das ist Wunschdenken meine Herren!!!

LG Diorella


Erstens sind es mehrere Juristen und zweitens sind sich diese über die "verfassungsrechtlichen" Grundsätze sicherlich eher im Klaren als Du es, mit Verlaub, sein kannst. Von "Angestellten" der Wähler war hier nie die Rede, das hatte ich sogar abgelehnt. Doch sind die Grundsätze des GG klar und unmissverständlich auf Pflichterfüllung im genannten Sinn ausgerichtet. Was die Verpflichtung dem Gewissen gegenüber betrifft, dessen Reichweite und Zielrichtung wurde insbesondere von Alex ausreichend und verständlich erläutert. Nach Deiner Vorstellung gäbe es hier gar keine Demokratie, da Politiker im Extremfall jede Entscheidung gegen den Willen der Wählerschaft, also gegen den Willen des durch das GG bestimmten Souveräns, also des Volkes, durchsetzen könnten. Da solltest Du der geneigten Leserschaft mal erklären, was das dann mit Demokratie zu tun haben sollte, da es geltendem Recht sogar entscheidend zuwider läuft. Du solltest Dich, mit Verlaub, mal mit grundgesetzlichen Regeln vertraut machen, den von Alex genannten GG-Artikeln insbesondere, und hier nicht Arbeitsrecht, Zivilrecht und was weiß ich noch alles, in einen Topf werfen, wo es nun wirklich nichts zu suchen hat.
Ergo: Hier liegt kein Wunschdenken vor, sondern geltendes Recht, sachlich und meinungsunabhängig dargeboten.


AlexRE hat geschrieben:
Santo hat geschrieben:Nach den von Dir selbst genannten Regeln des EGBGB in Verb. mit dem GG kann die Scharia hier keine offizielle Gültigkeit haben, da diese mit den Grundwerten des GG nicht kompatibel ist.


Soweit einzelne Bestimmungen der Scharia nicht gegen das GG verstossen, werden sie tatsächlich nach EGBGB von deutschen Gerichten als Urteilsgrundlage herangezogen. Du kannst Dir ja mal den gerade verlinkten Spiegel - Artikel durchlesen.


AlexRE hat geschrieben:
diorella2 hat geschrieben:Wo ist der Arbeitsvertrag, die Arbeitsplatzbeschreibung, die Pflichten, die Abgrenzungen zu Vorgestzen.... Wo ist die Vertrags-Auflösungsvereinbarung..etc. pp. Wenn sie Angestellte der Wähler wären, könnten sie ja bei Abwahl beim Arbeitsgericht Widerspruch einreichen.


"Arbeitsvertrag" ist natürlich in einem übertragenen Sinne zu lesen. Wichtig ist, dass die Staatsdiener einschliesslich der Parlamentarier dem Volkssouverän gegenüber nicht mehr ureigene Rechte haben als ein Angestellter gegenüber seinem Arbeitgeber.
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Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon AlexRE » So 10. Okt 2010, 12:22

diorella2 hat geschrieben:@ santos..alex....

Nochmal: Abgeordnete sind keine Angestellten der Wähler..!! Sie sind ihrem Gewissen verantwortlich und müssen Wählern gegenüber Rechenschaft ablegen. Das muß im Übrigen auch jede Verwaltung einer Eigentümergesellschaftt jährlich machen. Keine große Angelegenheit.
Ich finde das es sehr wichtig ist, diese hier eindeutig festzustellen.

Da Uel dieses in unserem Diskurs über S21- mehrmals für seinen Argumentationsaufbau benutzt hat, war es mir sehr wichtig, diese Basisargument von ihm zu widerlegen. Damit ist Uel´s Argumentationskette nicht mehr schlüssig. Danke für die Unterstützung, meine Herren. Ich habe andererseits nie behauptet, das Abgeordnete tun und lassen können was sie wollen! Und: Ich benötige dazu keinen rechtsanwaltlichen Rat.
Ich würde es bereichernd finden, wenn Ihr Euch konkret zum Thema S 21 äußern würdet Ansonsten erspart mir bitte Eure juristischen Einlassungen auf meine Posts. Danke ;-))

LG Diorella


diorella2 hat geschrieben:Nein, Alex..die Abgeordneten sind keine Angestellten der Wähler!
Das ist Deine persönliche Interpretation!

Abgeordnete einer repräsentativen Demokratie sind die Vertreter = Repäsentanten der Wähler. Das ist ein Vertrauensverhältnis!!!
Es ist kein Dienstverhältnis (bzw. keine Dienstleistungsvertrag) und es ist noch nicht einmal ein Werkvertrag, denn das Werk, also das Ergebnis der Bemühungen/ Tätigkeiten wird nirgendwo festgeschrieben - daher ja auch immer die großen Debatten zwischen Wahlversprechen und dem tatsächlichem politschen Handeln, also der Umsetzung. Diese Diskrepanz führt ja mehr und mehr zur Frustation zwischen dem Volk und Volksvertretern. Aber das Zauberwort heißt: Vertrauensverhältnis. Wenn dieses gestört ist, wie es in diesen Zeit schon fast die Regel ist..gibt es diesen grundsätzlichen Unmut..und die Forderung nach direkter Einflußnahme bei Einzelthemen. Das unser GG im Übrigen auch zuäßt.

ABER: auch das Volk, der Souverän, hat eine entsprechend souveräne Haltung einzunehmen....und DAS ist leider (noch) nicht der Fall. Wir übern gerade direkte Demokratie hier in D. Darum ging es mir bei meinen Argmenten für S 21.
Im Übrigen: das Wesen einer demokratischen Staatsform ist es für Frieden und Rechtssicherheit,zu sorgen damit die Wirtschaft floriert und jeder der möchte, sein eigenes Glück schmieden kann - etwas aus eigener Kraft erreichen kann. In einer sozialstaatlichen Demokratie, wie der unsrigen ist es darüber hinaus noch die Aufgabe des Staates einen sozialen Ausgleich herzustellen. Mehr nicht - aber auch nicht weniger!

LG Diorella




PeterS hat geschrieben:Alex schrieb:

>>Solange wir freie und geheime Wahlen haben, verdient also nicht einmal unser Saftladen hier die Bezeichnung "parlamentarische Diktatur".<<

Diorella2 schrieb:

>>Abgeordnete einer repräsentativen Demokratie sind die Vertreter = Repäsentanten der Wähler. Das ist ein Vertrauensverhältnis!!!
Es ist kein Dienstverhältnis (bzw. keine Dienstleistungsvertrag) und es ist noch nicht einmal ein Werkvertrag, denn das Werk, also das Ergebnis der Bemühungen/ Tätigkeiten wird nirgendwo festgeschrieben - daher ja auch immer die großen Debatten zwischen Wahlversprechen und dem tatsächlichem politschen Handeln, also der Umsetzung. Diese Diskrepanz führt ja mehr und mehr zur Frustation zwischen dem Volk und Volksvertretern. Aber das Zauberwort heißt: Vertrauensverhältnis. Wenn dieses gestört ist, wie es in diesen Zeit schon fast die Regel ist..gibt es diesen grundsätzlichen Unmut..und die Forderung nach direkter Einflußnahme bei Einzelthemen. Das unser GG im Übrigen auch zuäßt. <<

Ihr versucht die Mitte zu treffen und schiesst doch leider daneben.
Ja Alex, wir sind uns einig, daß wir freie und geheime Wahlen haben. Das war es aber schon mit der Demokratie, der "Volksherrschaft". Denn tatsächlich haben wir eine parlamentarische Diktatur. Wir wählen zwar regelmäßig eine Partei, die dann aber zufällig in einer Koalition aufgeht und wenn es auch "nur" eine große Koalition ist, die die meisten Wähler überhaupt nicht haben wollten/wollen.
Gerade dann ist es aber wichtig in Volksangelegenheiten - das sind in meinen Augen alle Angelegenheiten von nationalem Interesse - wie EU-Vertrag, Euro, Bürgschaften in nahezu Billionennähe, Kriegseinsätze, eben das Volk zu befragen. Dann sprechen wir von parlamentarischer Demokratie oder auch Vertreterdemokratie. Wenn aber der Vertreter nicht ansatzweise dazu bereit ist den Souverän anzuhören, in der Regel mit dem Totschlagargument, daß das Thema zu kompliziert und zu komplex ist, um es dem Souverän nahezubringen und ihn mit Ja oder Nein entscheiden zu lassen - mit Verlaub, was machen denn die Damen und Herren Abgeordneten - dann spreche ich mit absoluter Gelassenheit von faschistischer parlamentarischer Diktatur.

Ja Diorella, auch ich bin mit Dir einer Meinung, wenn wir von Abgeordneten als Repräsentanten des Souveräns und dem Vertrauensverhältnis sprechen.
Dieses Vertrauensverhältnis wird aber seit Jahrzehnten hintergangen und Stuttgart21 ist in meinen Augen im Verhältnis minderwichtig, aber es ist letztendlich der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Da braucht es keinen Eimer, da reicht tatsächlich der Tropfen, um die Oberflächenspannung des Wassers/Souveräns reissen zu lassen.

Ich weiß nicht wie weit Du weg bist vom Volksrepräsentanten, ich mag Dir jetzt eine gewisse Nähe unterstellen, die Dir den Blick für das Wesentliche versperrt.
Denn wenn das Vertrauensverhältnis zerstört ist, wie beseitigst Du den Zerstörer oder wie willst Du das Vertrauen wieder herstellen?
Im Moment ist es nicht möglich, auch wenn das GG die Möglichkeit gibt oder wie Alex meint die freie und geheime Wahl es ermöglicht.
Was geschieht denn, wenn im März gewählt wird? (Anm.: Der gottgleiche Mappus ist im Moment völlig demokratisch seitens der Fraktion eingesetzt, die Legitimation durch den Souverän steht noch aus, das nennt sich auch Demokratie, ja nee is´ klar)
Dann wird er von seinen politischen Mitspielern auf Listenplatz 1 gesetzt und selbst wenn das Volk den Mappus nicht will, die CDU aber schon gerne wählen würde, bekommt der Souverän trotzdem Mappus vor die Nase gesetzt. Auch das nennt sich Demokratie.

Ich kann hier auch nochmal die vielfältigsten Politikerzitate aufführen mit Müntefering´s Geschwätz von gestern oder Merkel´s Geschwätz, daß es nicht ein immerwährendes Recht auf Demokratie gibt und viele andere...

Meine persönliche Meinung ist: Wir haben Demokratie auf dem Papier, der Rest ist blosse Augenwischerei.

An dem Tag, an dem vor der Wahl am Beispiel der SPD eine Mehrwertsteuererhöhung per Definition ausgeschlossen wird und am Beispiel der CDU um 2% Erhöhung dargestellt wird und am nächsten Tag aus Gründen der großen Koalition eine Mehrwertsteuererhöhung von 3% beschlossen wird, weil wegen und überhaupt blablablubberblubberfaselfasel und der Souverän deswegen die Wahl für nichtig erklären kann in einer einfachen Mehrheit, dann spreche ich von Demokratie und keine einzige Sekunde früher.

Schönen Sonntag wünscht PeterS


PeterS hat geschrieben:Im Moment ist es nicht möglich, auch wenn das GG die Möglichkeit gibt oder wie Alex meint die freie und geheime Wahl es ermöglicht.
Was geschieht denn, wenn im März gewählt wird? (Anm.: Der gottgleiche Mappus ist im Moment völlig demokratisch seitens der Fraktion eingesetzt, die Legitimation durch den Souverän steht noch aus, das nennt sich auch Demokratie, ja nee is´ klar)
Dann wird er von seinen politischen Mitspielern auf Listenplatz 1 gesetzt und selbst wenn das Volk den Mappus nicht will, die CDU aber schon gerne wählen würde, bekommt der Souverän trotzdem Mappus vor die Nase gesetzt. Auch das nennt sich Demokratie.


AlexRE hat geschrieben:
PeterS hat geschrieben:Im Moment ist es nicht möglich, auch wenn das GG die Möglichkeit gibt oder wie Alex meint die freie und geheime Wahl es ermöglicht.
Was geschieht denn, wenn im März gewählt wird? (Anm.: Der gottgleiche Mappus ist im Moment völlig demokratisch seitens der Fraktion eingesetzt, die Legitimation durch den Souverän steht noch aus, das nennt sich auch Demokratie, ja nee is´ klar)
Dann wird er von seinen politischen Mitspielern auf Listenplatz 1 gesetzt und selbst wenn das Volk den Mappus nicht will, die CDU aber schon gerne wählen würde, bekommt der Souverän trotzdem Mappus vor die Nase gesetzt. Auch das nennt sich Demokratie.


Ich habe mich vielleicht etwas missverständlich ausgedrückt. Ich wollte den derzeitigen Stand der demokratischen Kultur nicht beschönigen. Ich wollte nur zum Ausdruck bringen, dass m. M. n. der Begriff "parlamentarische Diktatur" verfehlt ist, weil die Wähler durch ihre Wahlentscheidungen oder auch durch Wahlenthaltung die gegenwärtige Situation selbst hergestellt haben. Der Volkssouverän und Hausherr erteilt regelmäßig Blankovollmachten an sein Dienstpersonal, kontrolliert es dann nicht und lässt sich sogar gebrochene Wahlversprechen und damit die klare Missachtung seines Willens gefallen. Der Hausherr ist also selbst verantwortlich für die Unordnung im Haus, wobei ein Souverän sich natürlich nur vor sich selbst und seinen Nachkommen zu verantworten hat.

Ich erinnere in dem Zusammenhang noch einmal an maxis Petition zum Wahlrecht:

http://35828.forendienst.de/show_messages.php?mid=4608903

So ein dreistes "Abwimmeln" muss sich der Hausherr nicht gefallen lassen. Man kann sein Wahlverhalten grundsätzlich ändern - notfalls nach Gründung neuer Parteien - und das übergeschnappte Personal in die Wüste schicken. Die Italiener haben schon einmal vorgeführt, dass das im Prinzip möglich ist, indem sie einfach die alte mafiaverseuchte Parteienszene durch eine ganz neue ersetzt haben - auch wenn in dem Fall das konkrete Ergebnis nicht ganz optimal ist. Es geht jedenfalls auf diesem Weg. Das ist auch weitaus rationaler und damit "souveräner", als alle 4 Jahre dieselbe Art von Staatsmacht zu wählen und sich anschliessend mit deren Polizei herumzuprügeln.
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon Uel » So 10. Okt 2010, 14:16

Hi Diorella,
ich liebe gegliederte Texte, hast Du vll, gelesen, dass ich das mal hier gefordert hatte …
also erst mal Dank für die Übersichtlichkeit … und ich mag faire, logische Diskussionen, dann zur Sache:

Zu 1. Da haben mir Santo und Alex schon die Arbeit abgenommen. Es waren nicht die schlechtesten deutschen Politiker, die sich als Diener oder Angestellte für Deutschland deklariert haben. Mein vll. nicht gerade exakt passendes Beispiel des Politikers als Angestellter, wie das Beispiele nun so an sich haben, hat aber immerhin schön schnell klar gemacht, wo unsere Leistungsbilder für Politiker auseinanderlagen.

Zu 2. Was hältst Du von einem von Dir gewählten Politiker, der nachdem er gewählt wurde sagt, das Ganze sei ihm in dieser Legislaturperiode zu schwierig, er ginge mal abwartend in die Opposition, Du könnest ihn ja in der nächsten Legislaturperiode nochmal wählen, vll, sei das Regieren ja dann einfacher. Ich hoffe, Du bist so weit Demokratin, dass Du ihn das nächste Mal durch Nichtwählen in die Wüste schickst. Ich behaupte, ein Politiker muss machtgeil sein, einen Politiker, der nicht machtgeil ist, würde ich gar nicht wählen. Ich erwarte aber, dass er dabei die Regeln einhält, genauso wie ich mich an einem Fußballer erfreuen kann, der sich hart aber fair durchsetzt und bis zum Schlusspfiff nicht aufsteckt. Genau deshalb meine ich, die Grünen hätten eine Abreibung verdient, wenn sie die Steilvorlagen, die der politische Gegner ihnen aus Schwäche liefert, nicht in Erfolge verwandeln würden. Politikern Machtgeilheit vorwerfen ist der Versuch der Meinungsmache des ins Hintertreffen geratenen Gegners.

Zu 3. Ich kenne die Finanzierungsquoten und Verträge nicht, aber wenn die Bahn den Stuttgartern und den BWlern die gleichen Verträge wie den Leipzigern untergeschoben haben sollte, so bezahlen sie auf den ersten Blick wenig, aber bei Kostenerhöhungen sind sie voll dabei und die Bahn ist voll aus dem Schneider. Ich hoffe, es gibt keine Geheimklauseln, die aus “Betriebsgeheimnissen“ begründet werden, wie wir das aus PÖP-Verträgen mit US-Investoren erfahren mussten.

Zu 4. Das ist mir schon klar, nur stelltest Du dem Bürger den Vorwurf aus, er habe sich ja 14 Jahre lang informieren können. Ich glaube, selbst der fleißigste politisch Interessierte ist überfordert, 14 lange Jahre das Hin und Her einer Projektentwicklung zu verfolgen. Vor allem: Es ist sinnlos. Nach Kohl zählt allein, „was hinten raus kommt“.

Zu 5. Als technisch Interessierter verwirrt mich Deine Aussage. Ich vermute mal, Du willst damit nicht sagen, dass sich jede Behörde zu jedem Problem ein Gutachten und ein Gegengutachten besorgt, sondern meinst damit, dass prinzipiell zu jedem Gutachten ein Gegengutachten möglich ist, wenn man z.B. genug Geld auf den Tisch legt. Dass sich in der Justiz und Psychologie ein weites Feld für Gegengutachten ergibt, ist der „weichen Faktenlage“ geschuldet. Deine pauschale Laxheit technischen Gutachten gegenüber, die auch „harte Fakten“ zu berücksichtigen haben, scheint sich auf den Verfall der Sitten zu beziehen, wie wir sie beim Kölner U-Bahn-Desaster bestaunen konnten. Hätte doch nur die Kölner Bevölkerung auch mal eine Groß-Demo gegen ihr planfestgestelltes, technisch zweifelhaftes Projekt gemacht.

Zu 6. Ich kenne den Bahnhofsentwurf zu wenig, um seine Schönheit beurteilen zu können. Kenne nur allein die immer wieder ventilierte, masstabverzerrte räumliche Ansicht der Bahsteigüberdeckung mit den Oberlichtern. Objektiver Vorteil ist, dass sich das Stadtzentrum die riesigen Gleisflächen einverleiben könnte. Der alte Bahnhof löst bei mir keine positiven Gefühle aus, aber das ist schließlich Sache der Stuttgarter. Ich meine, das Projekt ist viel zu groß, bzw, die Bauzeit ist zu lang. X Jahrgänge von Kindern werden in ihrer bewussten Zeit ihre Heimat nur als lärmende, staubige und Chaosverursachende Baustelle erleben, und wenn sie Stuttgart vor Fertigstellung von S-21 verlassen, so haben sie eine verdammt armselige Heimat im Gedächtnis. Die Leute werden ein Jahrzehnt in Staus stehen und wenn man dann mal die volkswirtschaftliche Bilanz von Zeitgewinnen und –verlusten aufmacht, weiss ich nicht ob die neue Strecke sich für Stuttgart wirklich lohnt. Und ein Großteil der älteren Stuttgarter wird in ihrem Leben keine funktionierende Innenstadt mehr erleben. Und Du willst dies, siehe 7 durch Forschungen noch leichtfertig verlängern?

Zu 7. Dieses Argument ist ja wohl nicht ernst gemeint: man realisiert riskante Projekte um Forschung zu machen statt erst zu Forschen um dann beherrschbare Techniken einzusetzen. Der Chirurg übt am offenen Herzen statt seine Technik an Leichen oder Tierversuchen zu erlernen. Abenteuerlich! Ettringittreiben ist der Horror jedes Betonbauers.

Zu 8. Ich habe nur was gegen Ministerpräsidenten jeglicher Couleur, die über Halbzeitwechsel und nicht durch Wählerwillen an die Macht gekommen sind, ansonsten bin ich für das Durchstehen von Legislaturperioden und gegen vorzeitige Neuwahlen. Ich fand z.B, das Abservieren Stoibers eine antidemokratische Sauerei, schließlich hatte der Mann kurz zuvor noch über 50% geholt, dabei bin ich nicht gerade Stoiber-Fan.

Zu 9. Ist mir zu Schwarz-Weiss, in der Realität gibt es auch Grautöne, und wenn man einen Farbfilm einlegt, kommt man der Realität noch näher.

Zu 10. Problem Souverän siehe unter 1.. Zu dem Volk 1989 sei gesagt: es war das Volk, es war der Souverän, musste selbst Milke erkennen und es ließ sich auch nicht von ihm anbaggern (aber ich liebe doch auch euch alle … oder so ähnlich). Wir wissen, dass dieses Volk dann Großartiges geleistet hat.

Zu 11, a, Wie gesagt, ich glaube jeder Geldgeber sollte das Recht haben, bei unwirtschaftlich werdenden Projekten besonders bei Baubeginn, aus dem Projekt auszusteigen. Schadensersatz muss natürlich geleistet werden.

11, b, Solange eine Partei nicht verboten ist, hat jede andere Partei das Recht mit dieser Koalitionen einzugehen. Es ist mangelnde Sorgfaltspflicht den Bürgern gegenüber, wenn verfassungswidrige Parteien nicht verboten werden. Denn weder die Medien noch Politiker und Wähler haben die Pflicht noch das Recht verfassungsrechtliche Expertisen aufzustellen, dies ist allein Aufgabe der Gerichte. Was soll also das dem politischen Gegner vorschreiben wollen, ob er sich selbstzerlegen oder mit wem er sich verbünden darf. Du brauchst sie doch ganz einfach nicht zu wählen. Denn meine Manipulationswarnleuchten gehen an, wenn sich der politische Gegner Sorgen um das Wohlergehen der anderen Partei macht. Er sollte doch froh sein, wenn die Fehler macht. Aber wahrscheinlich sind es dann gar keine Fehler!

Zu 12,
>>>Wenn am nächsten Sonntag gewählt werden würde (auch im Bund) hätten wir wahrscheinlich eine Rot-Grüne Minderheitsregierung( inkl. Duldung durch die Linke) unter Kanzler Trettin. Wer will das denn???? Das wäre doch ein Kathastrophe für unser Land und ein Grund um auszuwandern!!! Und zwar schnellstens....<<<

Also war es nur Etikett-Schwindel, dieser
>> ein Grund um auszuwandern!!! Und zwar schnellstens....<<<
, da Du ohnehin schon länger überlegtest, auszuwandern. …

PS.: ist vorläufig der letzte Beitrag zu S-21, da ich die nächsten 10 Tage fern meines Computers verbringen werde.

Liebe Grüße
von Uel

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Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon Uel » So 10. Okt 2010, 14:58

Gerade gelesen…

... und es ist noch nicht einmal ein Werkvertrag,

das ist ja mal toll, Du erwähnst Werkvertrag im Zusammenhang mit Politikern!!!!

Den würde ich, und da wird Peter mir bestimmt beipflichten, :lol: gerne mal Politikern unterjubeln. Werkvertrag bedeutet Pflicht zum Abliefern einer fehlerfreien und brauchbaren Planungsleistung. Ist das Ganze für mich nicht brauchbar, selbst bei einem Nachbesserungsversuch nicht, dann bekäme der Politiker nicht weniger Geld, - er bekäme überhaupt kein Geld. :lol:
Liebe Grüße
von Uel

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Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon Uel » Mo 11. Okt 2010, 01:54

@ Diorella,

in Kürze:
A. Zum überstrapazierten Angestellten: ich bin verwundert, dass ein symbolisches Bild wie der Politiker als Angestellter der Deutschland-AG, wie es in den Medien (z.B. Spiegel) und durch Helmut Schmidt schon nachweislich verwendet wurde, bei Dir solch einen vehementen Widerstand entfachen konnte. Wie gesagt, es ist nur ein Bild, ein Symbol, eine Metapher, ein Gleichnis oder wie immer Du es zu benennen beliebst.
Ich könnte jetzt ausführlichst darlegen, wie ähnlich die Bilder Politiker und Angestellter als Mitglied im Aufsichtsrat und ich als Wähler oder stimmberechtigter Aktionär nun sind, und du würdest mir eine staatsrechtliche Vorlesung halten, wie weit sie auseinander sind. Gut, -aber was soll das bringen? Du hast Deine Meinung, ich habe meine Meinung, wir können uns nicht einigen und gut ist´s!

B. Zu Pubertät der Demokratie revidiere ich meine Meinung und stimme Dir zu, aber aus andern Überlegungen. Wenn man mit der Regierung unzufrieden ist, gibt es nur eine Möglichkeit: für die jeweilige Opposition stimmen! Demokratisch pubertär ist es, sich heute bei den Ähnlichkeiten der Parteien durch das Stammwählerargument hinters Licht führen zu lassen, und einer schlechten Regierung die verdiente Strafe zu ersparen, nur weil Vermutungen gestreut werden, die andern würden es ebenso schlecht machen. Was sollen Vermutungen und Prognosen? Wenn sie es dann auch schlecht machen folgt ebenfalls die Strafe. Daher bin ich auch gegen die Verländerungen der Amtszeiten von 4 auf 5 Jahren. Ausführlicher habe ich das hier mal mit Betrachtungen zu ungültigen Stimmabgabe geschrieben unter dem Sprichwort: die Tröge bleiben, nur die Schweine wechseln – wichtig ist allein, das die Schweine auch wechseln müssen.
Liebe Grüße
von Uel

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Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon AlexRE » Mi 20. Okt 2010, 10:47

Eine zu unserer hiesigen Diskussion über die Unabhängigkeit der Abgeordneten passende aktuelle Meldung:

Im Jahr 2000 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Ausschussvorsitzende neben ihren Diäten keine weiteren Zulagen bekommen dürfen.

Doch eine Umfrage von REPORT MAINZ unter allen Landtagsfraktionen zeigt: In den meisten Landesparlamenten wird mit Zusatz-Diäten sehr großzügig umgegangen. Pro Jahr werden rund 4,5 Mio Euro Steuergeld dafür ausgeben. Verfassungsrechtler Prof. Hans Herbert von Arnim sieht darin einen klaren Verfassungsbruch und die Unabhängigkeit von Abgeordneten in Gefahr.


Quelle: swr.de

Ich denke, dass Abgeordnete, die ihren Listenplatz direkt von ihren Wählern zugewiesen bekämen, wie wir das in unserer abgelehnten Petition verlangt haben:

viewtopic.php?f=17&t=164

... weniger empfänglich für verfassungswidrige Zuwendungen von ihren Parteioberen wären!!
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Von der Weimarer Verfassung zum GG

Beitragvon AlexRE » Mi 20. Okt 2010, 15:17

diorella2 hat geschrieben:6. Und natürlich muß man darüber streiten, was jetzt im größeren Maßstab in der EU passiert, wenn unser Staatsrecht, unsere Staatsouveränität durch EU-Gesetze priorisiert wird. Da muß m.E. sehr viel getan werden- und hier muß es durch Volksentscheid geschehen. Es kann nicht angehen, dass dahingehend in irgendwelchen elitären Regierungszirkeln in Berlin und / oder Brüssel über unseren Kopf hinweg entschieden wird.

LG Diorella


Nun, ich persönlich bin mir ziemlich sicher, dass nur die Meidung von möglichen Störungen des europäischen Einigungsprozesses durch deutsche Volksabstimmungen maßgeblich dafür ist, dass die politische Klasse keine direktdemokratischen Elemente im GG auf Bundesebene will.

Ohne die Volksabstimmungen in Frankreich und Holland hätten wir ja jetzt schon eine europäische Verfassung und nicht nur den Ersatz dafür namens "EU - Vertrag".

Ansonsten müssen plebiszitäre Elemente in keiner Demokratie destruktiv wirken, im Gegenteil. Wenn man die Voraussetzungen für Volksabstimmungen vernünftig regelt, können sie Blockaden z. B. zwischen Bund und Ländern oder durch parlamentarische Patt - Situationen auflösen, anstatt selbst zu blockieren. Das Riskio kann man durch hohe Anforderungen an die notwendige Zahl von Unterstützerunterschriften und die Beteiligung an der Abstimmung klein halten.
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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